Die vielen Gesichter des Comics 2 – Von Adventure Huhn zu Valentin

Die vielen Gesichter des Comics

Die vielen Gesichter des Comics – Der Vergleich hinkt

Wieder nehme ich euch mit in die verschiedenen Ecken der Comicwelt. Im ersten Teil dieser Serie habe ich Gegensätze in dem Medium Comic beleuchtet, in diesem zweiten Teil werde ich vergleichen. Einen großen Part wird das Thema Artwork in Anspruch nehmen. Bereits in der Einleitung zum ersten Teil dieser Serie habe ich erläutert, dass Comics „mindestens so divers wie Bücher sind, wenn nicht sogar noch mehr, da hier auch die bildliche Erzählebene dazukommt.“ Somit möchte ich dieser künstlerischen Gestaltung auch entsprechend Raum verschaffen.

Wie schon im ersten Teil erhebe ich auch hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn ihr noch ein bisschen mehr über das Universum der Comics erfahren möchtet, dann solltet ihr euch diese Rubrik bei Sandra ansehen. Booknapping hat ebenfalls die Initiative Auch für Comic-Einsteiger ins Leben gerufen. Auf ihrer Seite könnt ihr erfahren, welche Blogs an der Initiative teilnehmen. Meine Empfehlungen Comics für Einsteiger findet ihr ganz einfach über das Menü oder über den Link.

 

Wer beeinflusst hier wen?

Vorlage und Nachfolge

Was war zuerst? Buch oder Comic, Comic oder Film? Medien beeinflussen sich immer gegenseitig. So wurde aus der Buchreihe Die Flüsse von London inzwischen eine Comicreihe geboren, die nicht die Geschichten einfach nacherzählt, sondern ehr als Zwischenepisoden gesehen werden kann. Serien wie Buffy, Firefly oder Penny Dreadful fanden nach Drehschluss ihre Weiterführung als Comic. Über Superheldenverfilmungen habe ich bereits gesprochen, aber auch I kill Giants wurde verfilmt und zeigt den eigenwilligen Umgang eines jungen Mädchens mit ihrer belastenden Realität. Auch kritische Endzeitgeschichten wie Snowpiercer fanden ihren Weg auf die Leinwand. Eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte. Sie inspiriert andere, aber nicht immer klappt die Adaption in ein anderes Medium. Der Valerian-Film ist wohl eher umstritten, aber ohne die Comics wären wohl Star Wars und Star Trek nicht so, wie sie den Weg in unsere Welt gefunden haben.

 

Was die Geschichte uns lehrt

Geschichtsstunde

Auf historische und dokumentarische Comics bin ich bereits im ersten Teil von Die vielen Gesichter des Comics eingegangen. Diese können nicht nur in historischer Form gegen das Vergessen eintreten. Die Judenbuche von Annette von Droste-Hülshoff hat sich bereits 1842 mit dem Antisemitismus beschäftigt. Julian Voloj erzählt Geschichten von Juden und hat zusammen mit Claudia Ahlering die Novelle als Comic adaptiert. Dabei wurde dem Comic Material beigefügt, das damals schon von Droste-Hülshoff zu dieser Geschichte inspiriert hat. Jens Genehr ist einen ähnlichen Weg gegangen, er arbeitet in einem Denkort für ein riesiges Bauprojekt aus der Nazi-Zeit. Aus den gesammelten Materialien und den aufgezeichneten Lebensgeschichten hat er einen Comic über den Bunker Valentin und die Zustände dieser Zeit geschaffen. Ein Comic, der ein klares Mahnmal ist.

 

Made in Germany / Männerdomäne

Made in Germany

Comics sind doch nur von Männern für Männer geschrieben und die Comics aus Deutschland taugen doch auch nichts. Dazu muss ich gleich mal zwei unterschiedliche Frauen aus Deutschland vorstellen, deren Arbeit ich einfach liebe, obwohl sie so unterschiedlich ist. Katrin Gal hat als Selfpublischerin mit ihrem Military SF Comic angefangen und wird inzwischen beim Splitter Verlag verlegt und gefeiert. Technische Details, eher eckig gezeichnet und Action gehören bei Radius einfach dazu. Ines Koth geht mit ihrer tapferen jungen Heldin Massu bereits in die dritte Auflage. Sie ist eine Kämpfernatur und es ist aufregend, doch Massu kann ihr Abenteuer auch ohne Waffen bestehen. Sie ist innerlich stark und dafür liebe ich sie. Es ist eher rundlich, sie und ihre Umwelt bezaubern und ziehen einen in ein kindgerechtes Abenteuer. Zwei deutsche Damen und ihre völlig unterschiedlichen, großartigen Werke.

 

Ohne Farben

Schwarz/Weiß

Schwarz/Weiß aber bestimmt nicht farblos. Wer glaubt, erst die Farben machen die Kunst aus, der liegt nicht ganz richtig. Farben können ein sehr wichtiger Bestandteil von Comics und des Storytelling sein, aber sie sind kein Muss. Die meisten Mangas sind in schwarz/weiß gehalten. Doch bevor ich mich weiter zum Thema Manga aus dem Fenster lehne, verweise ich besser an Life4Books, die über die Druckverfahren Bescheid weiß. Die Zeichnungen können sehr einfach oder unglaublich detailreich gehalten sein. Auch kann eine Grauschattierung durchaus eine Coloration sein, die durch gezielte Farben unterstrichen wird, wie bei Black Magick. „Fehlende Farben“ machen die Grafiken, das Storytelling und die Geschichte nicht schlechter.

Schwarz/Weiß, Carlsen, Image, Dark Horse

 

Kunstwerke

Kunstwerke

Neben den Kunstwerken, die ohne Farben geschaffen werden, gibt es natürlich auch welche mit Farben. Zwei Comics die absolut unglaubliche detailverliebte Kunstwerke sind, sind Myre und Am liebsten mag ich Monster. Emil Ferris arbeitet mit sehr feinen Stiften. Ihre Coloration, Schattierung, Strukturen, all das erschafft sie mit etlichen feinen Linien. In ihrem Comic bildet sie Cover von Pulp Magazinen und auch große Kunstwerke in ihrem Stiel ab. Dabei nutzt sie keinen hochwertigen Zeichenkarton, sondern vermittelt dem Leser den Eindruck, in einen linierten Ringblock zu schauen. Claudya Schmidt sieht keine Leute in ihren Hintergründen, sondern Charaktere. Nicht nur ihre die Vordergründe ihrer Bilder sind bis ins letzte Detail ausgearbeitet, sondern auch ihre Hintergründe. Manche Szenen wirken wie Wimmelbilder, aber auch ohne Personen im Hintergrund habe ich immer wieder neue Details in ihren Hintergründen bemerkt. Ihre Comics sind nicht zum Lesen geschaffen, ihre Bilder sprechen. Noch nie habe ich für einen Comic mit so wenig Text so viel Zeit benötigt, doch am Ende war ich begeistert.

 

Pinsel oder Stift

Artwork

Nun Kunstwerke die Zweite. Das Artwork kann so unterschiedlich sein, wie der Mensch, der es gestaltet. Dabei lasse ich hier den Lovecraft mit den Zeitungsausschnitten mal außen vor, denn dieser geht schon in gestalterische Extreme, wie auch die Comics von Gipi auf den ersten Blick nur nach Kritzelei aussehen. Auch die obigen Comics hätten zu Pinsel oder Stift gepasst, aber hier habe ich Blacksad und Die lebende Tote gewählt. Blacksad ist sehr weich und fließend gearbeitet. Vieles ist Aquarell, oft hell und stimmungsvoll. Es werden Schatten auf die Personen geworfen, die alles lebendiger wirken lassen. Die lebende Tote zeichnet sich durch Schraffuren aus. Hier wird kein einfacher Farbakzent gesetzt, um mehr Tiefe in ein Bild zu bringen, sondern viele feine, dichte Linien. Dadurch wirken die Bilder noch dunkler, drückender, teilweise fast schon beklemmend.

Artwork, Carlsen, Splitter Verlag

 

Tiere oder Menschen

Tierisch

Mensch, Tier, Anthropomorph. Im Comic ist alles möglich, ob wir nun einen Farmer begleiten, der zu einem Shark Farmer mutiert oder Jonesy, die Katze aus Alien. Einem Kater, der Privatermittler ist oder einem Wolf, der Restauranttester ist. Einem Superhelden, Menschen aus der Zukunft, Aliens, sprechende Enten oder einer historischen Person, in einem Comic können wir allen begegnen. Dazu erhalten wir auch noch ein Bild von ihnen, ohne lange komplexe Beschreibungen, die unterschiedlich interpretiert werden können. Nicht jeder hat beim Lesen Bilder im Kopf. Besonders bei komplexen Beschreibungen in Büchern habe ich oft eine Vorstellung, die sich von anderen unterscheidet. Ja der Comic gibt dir ein Bild vor, wie auch ein Film, aber macht dies die Vorstellungskraft kaputt? Nutzt das Medium nicht häufig genau diese Stärke, um uns Dinge in 3 Bildern zu vermitteln, die sonst 3 Seiten benötigt hätten. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte und dies ist besonders bei allem eine Stärke, das über die menschliche Physiognomie hinaus geht.

 

Comicstrips

Comicstrips

Hier schicke ich Belzebubs und Miki’s Mini Comics in den Vergleich für die Erzählform der Comicstrips. Beide gehören in die Kategorie Funnies, also humoristische kurze Comicgeschichten und beide sind ursprünglich Webcomics. Die Belezbubs sind eine fiktive Metal Band / Familie, die mit dem Genre spielt und oft schwarzen und etwas schrägen Humor in schwarz/weiß zeigt. Mikiko hingegen dokumentiert ihren eigenen Alltag in bunten Farben und einer Extraladung Katzen. In dieser Kategorie würden sich auch die Peanuts wiederfinden. Ein Comicstrip kann im Grunde alles sein, was in ein paar kurzen Panel zum Abschluss kommt. Hägar, Garfield, War and Peas, Calvin und Hobbes, Is Lieb, Dilbert und so weiter. Lustig, böse, gesellschaftskritisch, aber immer schnelle Unterhaltung.

Fun Time, Cross Cult, Pyramond

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4 Antworten

  1. Liebe Ariane,

    deine „die vielen Gesichter des Comics“-Reihe ist toll, gerade für jemanden wie mich, der erst in den letzten Jahren zunehmend zu Comics gefunden hat und dem dementsprechend einiges an Hintergrundwissen fehlt. Dass Penny Dreadful zu einer Comicserie wurde, wusste ich gar nicht! Das muss ich mir auf jeden Fall zulegen, habe die Serie sehr gern geschaut.

    Nochmal zurück zu den Comics als Männerdomäne. Ich habe schon den Eindruck, auch beim Durchblättern der aktuellen Verlagskataloge, dass (immer noch) der Großteil der Veröffentlichungen von Männern geschrieben und gezeichnet wird. Ja, es gibt positive Beispiele, aber für mich oft noch nicht genug Sichtbarkeit von Autor*innen und Zeichner*innen. Wie siehst du das?

    Liebe Grüße,
    Nico

    • NadelNerd sagt:

      Hallo Nico,

      wenn ich in mein Comicregal schaue, dann fällt mir auf, dass ich besonders bei deutschen Comics einen Frauenüberhang habe. Bei meinen Franko-belgiern und US-Comics sind die Männer stärker vertreten. Viele der US Comics von Frauen werden aber auch nicht in Deutschland verlegt. Beispiel Crosswind. Zwei Frauen, die eine Bodyswitch Geschichte schreiben, ohne dass sich die Beteiligten lange mit ihren neuen Körpermerkmalen beschäftigen und auch auf andere flache Gags verzichtet wird, ist wirklich erfrischend.

      Jedes Jahr im März hebt der Previews, ein Monster von Katalog mit US Neuerscheinungen zum Vorbestellen, die Werke von und mit Frauen besonders hervor. Auch diesen März habe ich auf diese Hervorhebung geachtet und musste feststellen, was mir gefällt hatte ich schon bestellt. Ich achte bei der Auswahl nicht auf das Geschlecht, mir fällt es häufig erst auf, wenn ich über den Comic schreiben möchte, so zum Beispiel bei „They called us Enemy“ als ich ein bisschen Recherche betrieb und feststellte, dass hier eine Zeichnerin am Werk war, oder eben durch die Vorhebung im März Previews.

      Nett wäre natürlich etwas Vergleichbares in deutschen Katalogen, wenn also hier die Verlage hervorheben würden, wo Frauen am Werk sind zu bestimmten Aktionen.
      Im Übrigen hat Pink Anemone über Penny Dreadful Comics geschrieben.

      Liebe Grüße
      Ariane

      • Hallo Ariane,

        die Penny Dreadful Comics sind schon bestellt 🙂 Nochmal Unterstützung für den kleinen Comicladen hier im Ort.
        Mir fiel der krasse Männerüberhang zum Beispiel im aktuellen Sommerkatalog vom Splitterverlag auf, ich musste richtig suchen, um eine Autor*in oder Zeichner*in zu finden, was meinen Blick darauf natürlich kritischer gemacht hat. Bei mir stehen auch recht viele Comics von Frauen zuhause, aber auch, weil ich für meinen Beitrag Feministische Comics speziell danach gesucht hatte.

        Liebe Grüße,
        Nico

  2. Melanie sagt:

    Eine spannende Reihe Ariane, danke.

    Ich möchte mehr Comics lesen und mich ein bisschen mehr mit dem Thema beschäftigten.
    Für die Wir Lesen Frauen Challenge war ich lange auf der Suche nach einem Comic der von einer Frau geschrieben und gezeichnet wurde. Durch den Gratis Comic Tag stieß ich dann auf Jidi, nur leider ist meine Bestellung noch nicht angekommen. Dann lese ich das für die Challenge 2021.

    Liebe Grüße

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