Überlebt – Chile 1973 +Rezension+

Überlebt - Chile 1973

Aufstieg und Fall Allendes

Carmen Castillo hat überlebt. Sie engagierte sich zusammen mit ihrer Jugendfreundin Beatriz, der Tochter des späteren Präsidenten Salvador Allende, politisch in Chile. Sie verliebte sich in Allendes Neffen Andrés Pascal, der später mit Miguel Enriquez die MIR, eine linke Partei der Arbeiterklasse, gründete. Nach sechs Jahren zerbrach die Beziehung zu Andrés und sie und Miguel fanden zueinander. Um Salvador Allende in seinem Wahlkampf zu unterstützen, stellte die MIR ihre bewaffneten Aktionen ein und im folgenden Jahr 1970 wurde Allende zum Präsidenten gewählt.

Persönlich und nahbar

Der Comic erzählt das Leben von Carmen aus ihren eigenen Erinnerungen, die sie mit Maximilien Le Roy geteilt hat. Über drei Zeitachsen verteilt wird über die Anfänge von Carmens politischer Arbeit berichtet, den Putsch am 11.09.1973 und die Zeit „danach“. Es wird sehr nahbar auf Carmens Leben eingegangen, auf den Mut und die Hoffnungen um Carmen herum. Wie sehr alle daran glaubten, dass ein Machtwechsel in Chile, anders als in anderen Ländern zuvor, ohne Gewalt ablaufen kann. Sie glaubten an das Volk, die Arbeiter und an die Demokratie. All dies wird uns von jemanden geschildert, der Mitten in dieser Revolution steckte.

Umso erschreckender sind die Schilderungen von der Zeit nach dem Putsch. Ständig auf der Flucht und konfrontiert mit Brutalität, Folter und Gewissenlosigkeit. Am 05.10.1974 starb ihr Lebensgefährte Miguel bei dem Versuch, die schwangere Carmen zu schützen. Wäre es nach der Armee gegangen, wäre Carmen einfach verblutet, doch das konnten die Sanitäter nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Vermutlich war damals ihr einziger Trost, dass sowohl ihre Tochter von Andrés als auch die von Miguel zuvor nach Kuba in Sicherheit gebracht wurden.

Im Laufe ihrer Arbeit hatte Carmen auch Régis Debray kennengelernt und sich mit ihm angefreundet. Aus der Ferne organisierte er Proteste zur Freilassung von Carmen, die auch Angela Davis unterstützte. Seine Bemühungen erwirkten ihre Abschiebung nach Europa. Doch ihre vielen Verluste ließen Carmen in „ein schwarzes Loch des Schmerzes“ fallen. Erst 13 Jahre nach ihrer Abschiebung würde sie erneut chilenischen Boden betreten dürfen.

Die Erzählung schwankt zwischen Hoffnung, Schmerz und schierer Brutalität. All diese Emotionen werden durch einen ruhigen Sepiaton gedämpft, sodass die weniger schwer auf den Lesenden wiegen. Sehr gefühlvoll, nahbar und mit Interviews und Aufzeichnungen untermauert, hat Le Roy hier ein sehr persönliches Bild aus der Mitte der chilenischen Kommunisten gezeichnet. Dieser Comic ist mehr als lesenswert. Wer weitere kleine Details aus dem Pinochet Regime erfahren möchte, kann dies untere anderem in meinem Beitrag über den deutschen Sektenführer Paul Schäfer in Chile nachlesen.

Überlebt - Chile 1973 ...

… ist eine sehr nahbare Darstellung eines Stücks Geschichte.
… wird von Emotionen getragen.
… zeichnet sich durch ruhige Zeichnungen in Sepiatönen aus.

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Überlebt – Chile 1973

Szenario: Maximilien Le Roy
Zeichnungen: Loïc Locatelli
Hardcover mit 136 Seiten
ISBN: 978-3-03731-148-6
Erschienen am: 31.03.2016
bei Edition Moderne

Der Comic wurde von mir selbst erworben. Meine Meinung wurde nicht beeinflusst.

© Edition Moderne
3 Frauen. n Comics.

Überlebt – Chile 1973 wurde ebenfalls besprochen im Podcast

3 Frauen. n Comics. Der Comicklatsch – Folge 36.

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