Turing +Rezension+
Turing
Der Comic beginnt mit Turings Tod, bevor wir drei Jahre in der Zeit zurückspringen. In dieser Zeit gibt er ein Interview und lernt einen jungen Mann kennen. Er berichtet aus seinem Leben, wodurch Turing die Gelegenheit bekommt, seine Lebensgeschichte selbst zu erzählen. Dies fühlt sich nicht wie eine normale Biografie an, denn hier schwingen ständig Turings Emotionen mit.
Ein Held und ein „Verbrecher“
Diese Geschichte liest sich nicht wie eine Biografie, sie ist zwar ernst, aber auch irgendwie süß erzählt. Trotz schwieriger Themen schwingt irgendwie hier immer eine Leichtigkeit mit. Als er seinen Liebhaber kennenlernt, erzählt er ihm aus seiner Kindheit. Hier soll den Lesenden der Brückenschlag zu Disneys Schneewittchen deutlich werden, die Figuren aus dem Film werden uns durch den Comic begleiten und sollen eine Analogie zum Leben und Tod Turings bringen.
Der Comic bricht häufig aus einem festen Seitenaufbau heraus. Er folgt lieber den Bewegungen der Figuren, zeigt Grundrisse und Karten oder Häuserquerschnitte. Dies verleiht dem Comic eine unglaubliche Dynamik und es wirkt mal sehr technisch und dann wieder sehr organisch. Irgendwie also wie die Arbeitsschwerpunkte von Turing. Nur einen Nachteil bring diese Dynamik mit sich, die Leserichtung ist für Comiceinsteiger nicht immer leicht zu erkennen. Das ist ein wenig schade, denn sonst wäre der Comic einfach wunderbar für Comiceinsteigende geeignet.
Wir lernen einiges über Turing, den inzwischen wohl berühmten Turing-Test und die frühen Anfänge von KI. Seiner Arbeit an der Enigma-Entschlüsselung, doch auch über seine Homosexualität. Er mag zwar genial gewesen sein, doch hier scheint er eher ein wenig zu vertrauensselig. Die Polizei verfolgt ihn wegen „seiner Neigung“. Statt ins Gefängnis zu gehen, bekommt er Hormone, zieht also eine chemische Kastration vor, damit er weiter forschen kann. Doch folgen durch die Hormontherapie Depressionen und seine Arbeitsstelle büßt er auch ein.
Es ist unglaublich, wie viel dieser Mann für die Wissenschaft geleistet hat und wie sehr wir noch von ihm profitieren. Gleichzeitig ist es erschreckend, wie sehr ihm die Tatsache, dass er Männer liebte, zum Verhängnis wurde und all seine Erfolge einfach zu dem Zeitpunkt unwichtig machten. Umso wichtiger, dass wir nicht nur seine Arbeit, sondern auch sein Leben heute schätzen. Dass er hier seine Geschichte selbst erzählt, macht es unglaublich nahbar und fühlt sich so überhaupt nicht nach einer trockenen Biografie an.
Turing ist eine Biografie, die trotz Wissenschaft und schwerem Schicksal eine gewisse Leichtigkeit ausstrahlt.
… lässt Turing selbst über sein Leben berichten.
… hat ein lebendiges Artwork, dass sich oft über Doppelseiten erstreckt.
… strahlt die positive Energie von Turing aus, die letztendlich in Depressionen mündet.
Turing
Szenario und Zeichnungen: Robert Deutsch
Softcover mit 192 Seiten
ISBN: 978-3-96445-087-6
Erschienen im: März 2023
beim avant-verlag
Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.
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