Schöne neue Welt nach Aldous Huxley +Rezension+

Schöne neue Welt – Comic

Die Welt ist, besser, friedlicher und produktiver. Im Jahr 632 nach Henry Ford gibt es nur noch künstliche Fortpflanzung. Die Embryonen werden schon vor dem Dekantieren nach ihrer neuen Kastenzugehörigkeit sortiert. Die Babys durch Stromstöße konditioniert und die Kinder lernen im Schlaf. Es gibt keine starken Gefühle oder feste Bindungen, denn dies könnte das friedliche Gleichgewicht stören.

Wir geben uns nicht damit zufrieden, Embryos auszubrüten. Das kann jede Kuh. Wir prädestinieren und konditionieren. Wir dekantieren Babys als sozialisierte Wesen – als Alphas oder Epsilons, als zukünftige Kanalarbeiter oder als Direktoren von Brutstätten.

Schöne neue Welt, Knesebeck Verlag, Seite 14

Shakespeare

Wir beginnen mit einer Führung von neuen Mitarbeitern durch eine Brutstätte. Die Grundlagen der Gesellschaftsstruktur werden hier erläutert, bevor wir zwei Mitarbeiter der Brutstätte kennenlernen. Bernard ist ein Alpha Plus, wird jedoch wegen seiner Größe und seines eher brüterischen Charakters gehänselt. Lenina gilt als sehr „pneumatisch“ und hübsch, damit hat sie eine große Auswahl, wenn es um eine der liebsten Freizeitbeschäftigungen geht. Sex. Jedoch trifft sie sich nun schon seit vier Monaten ausschließlich mit demselben Mann, das gilt als unanständig. Also beschließt sie, Bernards Einladung zu einem gemeinsamen Urlaub zu folgen. Zurückkehren werden sie mit zwei „wilden“ Menschen.

John ist der Sohn einer dekantierten Frau, doch er wurde natürlich geboren und nicht konditioniert. Schlimmer noch, er beschäftigt sich mit alten Dingen, er häng förmlich an den Geschichten von Shakespeare. Hier treffen Welten aufeinander. John steckt voller Gefühle und ist völlig deplatziert. Die Leute sprechen ihn mit Mr. Savage (Herr Wilder) an. Dies wirkt grade zu surreal und unterstreicht, wie absurd diese Situation für John sein muss.

Bernard durchläuft für einen konditionierten Menschen sehr viele Emotionen, sodass er einem schon leidtun kann. Doch viel tragischer empfinde ich, dass John nicht sehen kann, wie Lenina empfindet. Für sie gibt es Grenzen, die sie nicht durchbrechen kann, obwohl sie diese weit verbiegt. Denn Emotionen gefährden die Gemeinschaft und um diesen zu entkommen, gibt es eigens eine Droge ohne Nebenwirkungen, deren Konsum schon zum guten Ton gehört.

In den Städten ist alles sauber, gar rein. Überall finden sich Leuchtreklamen, es zählt nur die Gemeinschaft, die Chance auf Alleinsein gibt es fast nicht. Der Kontrast zu den „Wilden“ könnte daher nicht größer sein. Einsamkeit, Schmutz, raue Lebensverhältnisse, sogar dicke Leute. Die Städte sind in hellen, bunten Farben gehalten. Alle sind happy, wie es ihren ein Schild vermittelt.

Den Roman Schöne neue Welt habe ich nicht gelesen, jedoch viele Referenzen auf ihn gehört oder gesehen. Daher wusste ich in etwa, was mich erwarten würde und ich bin von der Adaption begeistert. Das Zwiegespräch zwischen John und dem „Gesetzgeber“, gespickt mit Shakespearezitaten, ist toll umgesetzt. Die Bilder aus der Brutstätte sehr eindringlich. Die Art, wie Sex als Stimmungsaufheller dargestellt wird, ist sehr gelungen. Es wird geschafft, den Spaß zu zeigen, ohne den Spaß zu zeigen. Emotionen auf den Gesichtern abzulesen ist sehr einfach und Teil der Erzählung.

Ich bin sehr froh, diesen Literaturklassiker endlich nachgeholt zu haben. Zwar habe ich nicht das Gefühl, dass mir der Comic etwas vorenthalten hat, dennoch überlege ich nun den Roman auch noch nachzuholen.

Schöne neue Welt ist eine gelungene und eindringliche Adaption eines Literaturklassikers, auf den häufig referenziert wird. Das Artwork spiegelt die Gesellschaft dabei großartig wider.

Schöne neue Welt ...

… ist eine fantastische Adaption von Aldous Huxleys Roman.
… zeigt Gefühle und Einsamkeit in einer Welt ohne Gefühle, in der nur die Gemeinschaft zählt.
… hat ein stimmiges und sehr schönes Artwork.

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Schöne neue Welt

Roman: Aldous Huxley
Adaption und Zeichnungen: Fred Fordham
Hardcover mit 240 Seiten
ISBN: 978-3-95728-578-2
Erschienen am: 14.04.2022
beim Knesebeck Verlag

Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.


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© Knesebeck

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4 Antworten

  1. Soleil sagt:

    Ich habe 2020 den Roman gelesen und bin versucht, den Comic anzuschaffen, den Du sehr ansprechend vorgestellt hast. Schon das Cover überzeugt mich. 🙂 Ich würde aber dennoch den eigentlichen Roman vorziehen. Schau Dir vorher die Übersetzungen an, ich empfehle die ältere, da sie näher am Original dran ist. Aber Achtung, der Roman stammt von 1932 und atmet seine Zeit aus. Aber genau das ist auch das Faszinierende daran.

  2. Michael Kleu sagt:

    Spannendes Ding, das ich mir auch mal angucken muss!

    Ich hatte for etwa 20 Jahren mal eine Prüfung zu dem Roman und habe ihn seitdem nicht mehr gelesen. Da steckt schon ziemlich viel drin. Muss ich noch mal lesen.

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