Madame Choi und die Monster +Rezension+
Madame Choi und die Monster
Choi Eun-hee ist bereits eine bekannte Schauspielerin, als sie sich von ihrem gewalttätigen Ehemann scheiden lässt. Einige Zeit später heiratet sie den noch unbekannten Regisseur Shin Sang-ok. Gemeinsam drehen sie die Filme, von denen sie geträumt haben: innovativ und bahnbrechend, bis ihnen die Zensur in die Quere kommt und Choi nach Nordkorea verschleppt wird.
Meine Lieblingsspeise sind gegrillte Reporter, die unverschämte Fragen stellen
Madame Choi und die Monster, Edition Moderne, Seite 45
Eine mutige Frau
Die Geschichte beginnt kurz nach dem Koreakrieg und noch haben die Menschen Hoffnung auf eine baldige Wiedervereinigung. Choi Eun-hee ist eine sehr emanzipierte junge Schauspielerin. Die Scheidung von ihrem ersten Ehemann bringt ihr bei vielen Landsleuten Verachtung ein. Dennoch lässt sie sich nicht aufhalten, ihre Karriere läuft gut und ihr neuer, sanfter Mann an ihrer Seite hat ebenfalls wegweisenden neue Ideen für den Film. So ist es auch sie, die ihrem neuen Ehemann den Heiratsantrag macht. Ab 1954 revolutionieren sie gemeinsam erfolgreich das koreanische Kino.
Kim Jong-Il lässt beide getrennt voneinander nach Nordkorea entführen, ihre Kinder bleiben zurück. Zum Zeitpunkt der Entführung haben sich die Eheleute bereits getrennt und verleben ihre ersten Jahre ganz unterschiedlich, bis sie einander in Nordkorea wiederbegegnen und Film für das Staatsoberhaupt drehen müssen. Ihnen stehen dafür fast unbegrenzte Mittel zur Verfügung und selbst der Darsteller von Godzilla wird eingeflogen. Eine ihrer erfolgreichen Filme war Bulgasari, beruhend auf dem Mythos um ein metallfressendes Monster. Für den Comic wurde der Mythos neu interpretiert und an die Gegebenheiten an Nordkorea angepasst.
Die Geschichte springt zwischen dem biografischen Anteil und dem Mythos hin und her. Durch den Mythos werden einige Gefühle und Begebenheiten aus der Biografie indirekt beschrieben. Dies wird spätestens nach der guten Hälfte des Comics sehr nachdrücklich verdeutlicht. Für die Liebhaber von klaren Fakten ist im Anhang noch zusätzlich eine Chronologie zu den Geschehnissen aus dem Comic zu finden. Jedoch werden diese Daten bereits in der Geschichte deutlich und für mich ist es eher eine Art Zusammenfassung.
Die Geschichte von Madame Choi klingt anfänglich fast ein bisschen unglaublich. Sie ist sehr emanzipiert, mutig und will ihren Weg gehen. Durch die Entführung ist sie gezwungen, eine Rolle anzunehmen, in der sie Kim Jong-Il gefällt. Sie muss dauerhaft eine Fassade aufrechterhalten und folgsam sein, obwohl sie nie wieder Männern folgen wollte.
Der Einband wirkt mein Lesen etwas flatterig in der Hand. Dies hat aber seinen Grund. Selbst wenn die Geschichte um Choi und Shin wie eine Erfindung klingt, so ist sie doch wahr. Der Beleg versteckt sich in dem Einband, zum Ausklappen.
Nach außen, auf dem Comiccover, wirkt die Geschichte in der Zusammenstellung der einzelnen Bildausschnitte recht amüsant. Doch innen verbirgt sich etwas anderen, wie das versteckte Bild mussten die Eheleute nach außen gute Miene zu allem machen, was der Machthaber Kim Jong-Il von ihnen wollte. Tatsächlich bekamen sie alle Mittel zum Filmen, die sie sich erträumen konnten, doch auf Kosten der Bevölkerung und ihrer eigenen Freiheit.
Madame Choi und die Monster ist ein Stückchen Filmgeschichte und gleichzeitig ein Stück koreanische Geschichte, die durch das Leben von Choi Eun-hee greifbar wird.
… ist eine unglaubliche, wahre und spannende Geschichte.
… birgt eine kleine Geschichtsstunde in Sachen Süd- und Nordkorea.
… ist spannend, unterhaltend und nach dieser Lektüre bewundere ich Choi sehr.
Madame Choi und die Monster
Szenario: Patrick Spät
Zeichnungen: Sheree Domingo
Hardcover mit 176 Seiten
ISBN: 978-3-03731-237-7
Erschienen im: Oktober 2022
bei Edition Moderne
Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.
Der Film Pulgasari (1985) auf YouTube
Mehr über Monsterfilme
Das Ritual
The Vast (indirekt)
Anzeige