Ich bin ihr Schweigen +Rezension+
Ich bin ihr Schweigen
Bevor die Geschichte in Ich bin ihr Schweigen überhaupt beginnt, überwältigt mich Jordi Lafebre bereits mit einem Bild, dass mir Urlaubsfeeling verleiht. Danach schwenken wir in ein Behandlungszimmer, in dem Psychiaterin Eva Rojas selbst auf der Couch liegt. Es geht um nichts weniger als ihre Approbation und dafür soll sie über die letzte Woche berichten. Dies inkludiert ein Todesfall.
Ganz ruhig, die Polente kommt erst am Mittwochmorgen. Hattest du mich nicht gebeten, meine Woche schön der Reihe nach zu erzählen?
Eva Rojas auf Seite 10, Ich bin ihr Schweigen, Splitter Verlag
Stimmen im Kopf und andere Probleme
Eva wird von einer ihrer Patientinnen gebeten, sie zu einer Testamentseröffnung zu begleiten. Ihre Oma ist 102 und noch lebendig, es gibt eine Familienfeier mit Investoren, bevor sie selbst noch ihr Testament verlesen möchte. Die Familie besitzt ein Weingut, stellt Cava her und es geht ihr um Ländereien und den Firmenvorsitz. Dazu ist sich die Familie untereinander nicht gerade grün. Es gibt viele Spannungen und eigentümliche Persönlichkeiten, kurzum ein Paradies für die unorthodoxe Psychiaterin Eva.
Als Unruhestifterin gerät Eva schnell mit einem Teil der Familie aneinander. Doch stehen ihr ihre Oma, Großtante und Tante immer mit Rat zur Seite. Diese drei Frauen haben sie mit großgezogen und sind bereits verstorben, doch ihre Stimmen und vor allem Meinungen sind noch sehr lebendig in Evas Kopf. Als ein Familienmitglied zu Tode kommt, beginnt Eva zu ermitteln. Zum Frust der leitenden Ermittlerin. Dabei wird die gesamte Geschichte in Rückblicken während der Therapie erzählt.
Ich liebe den Stil von Eva. Modern und ein bisschen sexy gekleidet oder einfach gechilled im Hoodie. Eine Vorliebe für Turnschuhe und leicht Mäntel. Zu Beginn war ich auf Seite 7 kurz verwirrt, warum die eng geschnittene Hose plötzlich weit war. Die Lösung: der Mantel, der über die Hose hing, war nicht richtig koloriert. So eine kleine Macke ist mir im restlichen Comic jedoch nicht wieder aufgefallen. Ich liebe den Zeichensiel, die Freiheit und das Selbstbewusstsein von Eva. Sie ist völlig überdreht und dann wieder betrübt. Um diese Gefühlswandlungen möglichst sachgerecht darzustellen, hat sich Lafebre Beratung von Experten und einer Person mit einer bipolaren Störung geholt.
Es ist ein spannender Fall, der hier kreiert wird und durchaus witzig. Vier wird von Evas Art getragen: impulsiv, klug, freigeistig, rebellisch und hübsch. Entweder eckt sie an oder sie verdreht den Leuten den Kopf, dabei kann sie fast nichts stoppen. Ich liebe auch als die römischen Götter als Abbilder der reichen Familie herhalten müssen. Sie analysiert aber auch sich selbst.
Während es um Tod und psychische Erkrankungen geht, sind die Farben in der Regel sehr froh und leicht. Natürlich gibt es auch dunkle Momente, die sich absetzen, doch mir ist vor allem die Leichtigkeit im Kopf geblieben. Großartige Bilder von Landschaften und Gebäuden und die Ausdrucksstärke von Eva in Mimik und Gestik. Kurzum, ich bin ein bisschen verliebt in diesen extravaganten Comic.
Ich bin ihr Schweigen vermischt einen spannenden Kriminalfall mit einer gewissen Extravaganz und Themen um die psychische Gesundheit, ohne dabei seine spielerische Art zu verlieren.
… erzählt einen Kriminalfall.
… lebt von der eigenwilligen Eva Rojas.
… beschäftigt sich mit psychischer Gesundheit.
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Ich bin ihr Schweigen
Szenario und Zeichnungen: Jordi Lafebre
Hardcover mit 112 Seiten
ISBN: 978-3-98721-393-9
Erschienen am: 24.04.2024
beim Splitter Verlag
Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.
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Ab 01:46:17 könnt ihr uns zuhören, wie wir über den Comic sprechen.