Games – auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan +Rezension+
Games –
auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan
Fünf Freiwillige erzählten ihre Fluchtgeschichten. Patrick Oberholzer setzt diese in dem Comic in enger Zusammenarbeit um, damit alles so realitätsnah wie möglich abgebildet wird. Dazu ergänzt er die Erzählungen mit Grafiken und Texten aus eigener Recherche, natürlich mit Quellenliste im Anhang.
Ein Höllentrip
Hamid wurde als Junge von den Taliban entführt, doch gelang ihm die Flucht. Wenn er bei seiner Familie bleibt, bringt er alle in Gefahr, daher bleibt ihm nur noch die Flucht, um sich und seine Familie zu schützen. Wie es überhaupt so weit in dem Land kommen konnte, fasst Oberholzer zu Beginn kurz geschichtlich zusammen. Hamid flüchtet in den Iran, dort läuft er als Flüchtling Gefahr zwangsrekrutiert zu werden, minderjährig oder nicht, würde er in den Krieg nach Syrien geschickt werden. Es bleibt ihm kein anderer Ausweg, als weiter Richtung Türkei zu fliehen.
Afsaneh, die einzige Frau im Comic, trifft das Schicksal viele Mädchen. Ihre Familie war schon mehrfach nach Pakistan geflohen, doch kam immer wieder nach Afghanistan zurück. Mit 14 folgte die Zwangsheirat, ihr Mann entriss sie ihrer Familie und „verschleppte“ sie in den Iran. Gewalt war für sie an der Tagesordnung und auch in der Schwangerschaft wurde es nicht besser, doch konnte sie ihren Mann so zu einer Flucht überreden. So begeben sie sich gemeinsam während ihrer Schwangerschaft auf die Flucht. Lange Fußmärsche, kein Essen und Trinken und ggf. Zwangsarbeit sind noch die kleinen Herausforderungen. Tödliche Schüsse von Grenzbeamten, Schläge und sexuelle Übergriffe sind keine Seltenheit. Nachdem sie in der Schweiz angekommen war, bemerkte ein Nachhilfelehrer ihre Situation und unterstütze sie bei der Scheidung. Nur, weil sie schnell Deutsch gelernt hat, konnte sie sich scheiden lassen und nun können sie und ihre Tochter in Freiheit leben.
Muhammad flieht mit seiner Familie, nachdem ein Onkel von den Taliban getötet wurde und eine anderer bei einem Anschlag verstümmelt wurde. In der Türkei wird er von seiner Familie getrennt. Als die Polizei kam, konnte er fliehen. Bis heute weiß er nicht, was aus seiner Familie geworden ist. Die Versuche der Grenzüberschreitung wird als Games bezeichnet und oft verloren. Heute ist es noch schwieriger, da inzwischen die Grenze zur Türkei durch eine Mauer gesichert ist. Deshalb hat Muhammad wenig Hoffnung, dass seiner Familie noch die Flucht gelingt.
Damit ich euch nicht die Geschichten aller erzähle, schneide ich hier nur kurz den Vierten der Fünf an, der als Elektriker auf Militärbasen gearbeitet hat. In der Schweiz musste er jedoch erneut eine Lehre machen, obwohl er seine Zeugnisse mitgenommen hat. Diese Mitnahme war ein hohes Risiko. Eine Befragung unter Geflüchteten belegt, dass nur 16 % keine Gewalt auf der Flucht erlebt haben. 70 % würden anderen sogar von der Flucht abraten. Viele sind danach schwer traumatisiert. Eine Flucht ist teuer und gefährlich. Je mehr Geld die Familie aufbringen kann, desto sicherer wird eine Flucht. Nicht selten verschulden sich die Familien für die Flucht eines Einzelnen.
Games ist ein unglaublich wichtiges Werk, das verdeutlicht, was Flüchtende alles auf sich nehmen, um ein vermeintlich besseres Leben zu haben. Zumindest ist ihr Leben in der Regel danach sicherer.
… erzählt fünf unterschiedliche Geschichten über die Flucht aus Afghanistan.
… streut viele Informationen und Statistiken ein zum Thema Flucht und Migration.
… ist beklemmend, mit Bildern, die teilweise auf Skizzen der Interviewpartner beruhen.
… hat zusätzlich aufgeräumte Seiten mit Grafiken und Informationen.
Ihr interessiert euch für das Thema Flucht mit Statistiken und Erfahrungsberichten? Dann könnte Games – auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan für euch ein guter Einstiegstitel sein. Persönliche Berichte unterstrichen mit Auswertungen in kurzen Abschnitten, zwar gibt es etwas mehr Text, doch dieser lässt sich trotz des Themas recht leicht lesen.
Games – auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan
Szenario und Zeichnungen: Patrick Oberholzer
Hardcover mit 96 Seiten
ISBN: 978-3-98721-253-6
Erschienen am: 25.10.2023
beim Splitter Verlag
Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.
Weitere Titel zum Thema Flucht:
9603 Kilometer (Afghanistan)
Kannas (Zweiter Weltkrieg)
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