Little Monsters 1/2 +Rezension+
Little Monsters Band 1
Wie lange sie schon in dieser Stadt leben, wissen die Kinder nicht mehr. Vermutlich sind es über 100 Jahre, in denen sie jede Nacht dieselben Spiele spielen und in den Ruinen nach Ratten und Mäusen jagen. Sie warten auf die Erwachsenen, ihre Schöpfer, die versprochen haben, zurückzukehren. Sie sollen in der verfallenen Stadt warten, denn dort sind sie sicher.
Die letzten Lebenden und die letzten Toten
Diese acht Kinder wähnen sich als die letzten auf dieser Welt. Die Zivilisation ist untergegangen und ihnen bleibt nur noch die Hoffnung, dass ihre Schöpfer zurückkehren. Doch so lange sie noch vom Blut der kleinen Nagetiere leben können, ist für diese jahrhundertealten Vampire alles in Ordnung. Einige sehen sich nach mehr, andere fürchten die Veränderung. Doch die Veränderung wird kommen, in Form eines Eindringlings, und sie wird sich nicht aufhalten lassen.
Zu Beginn lernen wir den Alltag der Kinder besser kennen, danach starten die einzelnen Hefte oder hier Kapitel mit einem Rückblick auf den Wandel der acht Vampire. So erfahren wir ein bisschen mehr über sie, woher sie stammen und aus welcher Zeit. Lemire fügt hier nur wenige Texte ein und lässt Nguyen freien Lauf für seine Bilder in Grautönen mit einem Spritzer blutigem Rot. Scharfe Kanten, dunkle Schatten und eine verfallene Stadt sorgen auch ohne Worte für eine Endzeitstimmung. Es scheint, als existieren nur noch für eins der Kinder weitere Farben und doch fügen sich diese weich in das Bild ein. In Konversationen stehen die Gesichter im Vordergrund und auf den detaillierten Hintergrund wird verzichtet.
Kindliche Vampire
Auffällig ist, dass für Romie die Pronomen them und they in der deutschen Übersetzung verwendet werden. Dies stört keinesfalls den Lesefluss und ich finde es toll. Doch nach dem fünften oder sechsten Satz bin ich nachdenklich darüber, dass wir endlich passende deutsche Pronomen brauchen. Them/they soll geschlechtsneutral sein, übersetzt wäre beides sie und funktioniert im Deutschen nicht, bzw. nur bedingt, weil viele sicherlich, dass sie im Kopf haben. Dieses Mehrzahl-sie, dass bei einigen eine unbewusste Verknüpfung für weiblich hervorruft. Daher, lieber Duden, würde ich mich sehr freuen, wenn es eine einheitliche Regelung für nichtbinäre Pronomen geben würde. Bis dahin freue ich mich, dass in den Medien nichtbinäre Pronomen generell Beachtung finden.
Da ich mich mit der richtigen Verwendung von them und they im Deutschen schwer tue, kann ich es leider nur wie folgt formulieren. Romie ist das älteste der Kinder. Für Romie ist der Alltag etwas anders. Die meisten suchen nach Zerstreuung im Spiel, doch andere lieben Bücher, ihre Musik oder, wie Romie, Malerei von längst vergangenen Sachen. Die kindlichen Vampire haben alle ein eigenes Wesen und sie werden auf ihre eigene Art mit der kommenden Veränderung umgehen. Spannungen in der Gruppe inklusive.
Eigentlich haben wir hier ein typisches Endzeit-Szenario mit verschiedenen Gruppen, die alle um das Überleben kämpfen. Nur eine besteht zufällig aus Vampiren und wie für Jeff Lemire typisch, stehen hier die Beziehungen, Gruppendynamik und Charaktere im Vordergrund. Weich und ruhig erzählt, doch so bleibt die Handlung nicht ewig.
Endzeit-Teenie-Vampir-Drama wird dem ruhigen, aber durchaus blutigen Little Monsters nicht gerecht. Zumal, wie kindlich sind Jahrhunderte alte Vampire wirklich?
… erzählt in wenigen Worten eine Geschichte um Kinder in einer Dystopie.
… hat ein tolles, dynamisches Artwork.
… endet mit einem Cliffhanger.
Was in Interview mit einem Vampir als Tabu gilt, ist hier mehrfach passiert, Kinder wurden zu Vampiren. Inzwischen ist das Ende der Welt gekommen, doch sie sind noch da. Wenn euch dieser Plot interessiert, dann findet ihr in Little Monsters einen tollen Einstieg in die Welt der Comics. Wenig Text, eine leicht zu erkennende Leserichtung und abgeschlossen in zwei Bänden.
Little Monsters 1
Szenario: Jeff Lemire
Zeichnungen: Dustin Nguyen
Hardcover mit 152 Seiten
ISBN: 978-3-98721-076-1
Erschienen am: 25.01.2023
beim Splitter Verlag
Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.
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Ich habe wie es der Zufall so will auch gerade ein Buch in der Hand gehabt, für dessen Hauptperson die Pronomen them/they benutzt werden. Allerdings ein englisches Buch, wo das ja üblich ist und sich natürlicher gefügt hat als im Deutschen, wo sich kein klarer Gewinner unter den Pronomen bilden will. Einerseits finde ich es cool, dass eer Comic das in der Übersetzung respektiert. Andererseits wirkt das übernehmen der englischen Pronomen … ein bisschen unkreativ. Wenn es gar nicht geht, kann man ja den Namen der Person nehmen.
Im Falle des Buches, was ich gerade gelesen habe, überlege ich, ob das wohl das deutsche Verlagswesen von der Übersetzung abhält. Gerade weil es im Deutschen keinen klarer Gewinner gibt.
Ich weiß nicht, ob der Duden da was richtet. Ist das nicht letzten Endes auch nur eine Firma, die sich nach einem Standard oder der Entwicklung in der Gesellschaft richtet?
Davon mal abgesehen klingt der Comic auch ganz spannend – danke fürs vorstellen.