Hypericum +Rezension+
Hypericum
Teresa Guerro kommt aus Italien an die TU Berlin, um als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Tutenchamun-Ausstellung mitzuarbeiten. Sie ist zielstrebig, erfolgsorientiert und ihr Leben verläuft absolut gradlinig, bis auf ihre Schlafprobleme. Ruben dagegen ist ein junger Künstler aus Italien, der sich mit anderen ein Haus in Berlin teilt, um Kunst zu schaffen. Sein Leben besteht nur aus Kurven und Umwegen.
Zwischen Jahrtausendwende und 1922
Der Comic beginnt 1922 in Ägypten. Nach wenigen Seiten wird klar, wir blicken hier auf das Tagebuch von Howard Carter. Dem Mann, der das Grab von Tutenchamun fand und dessen Arbeit bei der Freilegung ausschlaggebend für die Weiterentwicklung der archäologischen Wissenschaft war. Teresa kommt in Berlin an, für sie ist es kein Zufall, dass sie den Job bekommen hat, nur mit ihrer Unterbringung gibt es ein paar Probleme. Auf dem Rückweg aus der Uni trifft sie auf Ruben, der nur in den Tag hinein lebt. Daraus ergibt sich irgendwie eine Art spontanes Date und er bietet ihr an, ihr zu helfen, sich in Berlin zurechtzufinden.
Ihre Schlafprobleme und die Ablenkung durch Ruben führen dazu, dass sie ohne Unterkunft dasteht. Ruben bietet ihr sein Zimmer an, bis sie etwas Neues findet, doch daraus entwickelt sich mehr. Kurzum, hier folgten immer wieder Sexszenen. Beide mögen erst Anfang 20 sein, doch sonst haben sie scheinbar wenig gemein. Dazu führt der ständige Schlafmangel von Teresa dazu, dass sie eine kurze Zündschnur hat. Sie schlägt sich die schlaflosen Nächte mit dem Tagebuch Carters um die Ohren, weshalb neben ihrer auch die Geschichte Carters in Ausschnitten erzählt wird.
Erst gegen Ende des Comics wurde mir richtig deutlich, zu welcher Zeit dieser spielt und dass Teresa und Ruben zu der Zeit nur wenig älter waren als ich. Umso mehr beeindruckte mich Teresas Mut, in ein fremdes Land zu gehen und dort ihr Studium fortzuführen. Doch irgendwie war ich damals ebenfalls jung und zielstrebig, während mein Freund eher in den Tag lebte. Flashbacks. Unheimlich spannend finde ich auch die Integration von Howard Carter, obwohl seine Tagebücher nur eine Randnotiz bilden. Der Comic lässt sich in seiner Art nicht so recht fassen. Es ist die Geschichte von zwei jungen Leuten, die zueinander finden und die Umstände, die auf sie Einflüsse haben.
Sex ist in der Geschichte nicht ganz unwichtig, doch spannend ist auch, wie diese beiden sehr unterschiedlichen jungen Leute miteinander leben. Die Lebensweise des anderen infrage stellen und damit den anderen beeinflussen. Sie reifen in der Geschichte, die Fior in weichen Bildern und Farben bettet. In diesen Bildern treibt die Erzählung einfach vor sich hin, ganz leicht und doch emotional.
Hypericum eine kleine gelbe Blume, die Vergangenheit und Gegenwart in diesem Comic miteinander verbindet.
… verrät euch den Grund für die titelgebende Blume erst sehr spät.
… hat ein sanftes, wohliges Artwork.
… blickt auf eine Episode aus Teresas Leben.
Hypericum
Szenario und Zeichnungen: Manuele Fior
Hardcover mit 144 Seiten
ISBN: 978-3-96445-093-7
Erschienen am: 19.05.2023
beim avant-verlag
Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.
Mehr von Manuele Fior:
Die Übertragung
Anzeige