Adieu Birkenau +Rezension+

Adieu Birkenau – Eine Überlebende erzählt
Es gibt immer noch Überlebende aus Konzentrationslagern, die ihre Geschichte erzählen, gegen das Vergessen. Ginette Kolinka ist eine von ihnen. Fast schon ausgebucht geht es für sie von einer Klasse zur nächsten. Hier begleiten wir sie auf eine Klassenfahrt nach Birkenau – Auschwitz II.
Arbeit und Vernichtung
Ginette war gerade erst 19 Jahre alt, als sie und Teile ihrer Familie abgeholt wurden. Juden, die erst in ein Gefängnis und dann in ein Konzentrationslager gebracht wurden. Lange Zeit behielt sie ihre Erlebnisse für sich. Doch nach 50 Jahren trat sie für die Shoah Foundation vor die Kamera und seit dem ist ihr Schweigen vorbei. Ihre letzte Reise nach Birkenau war 2020, bevor es im Alter zu beschwerlich wurde.
In diesem Comic sind wir ein Teil dieser Reise. Wir begleiten Ginette und eine Klasse an den Ort, der für Ginette viele grausame Erinnerungen birgt. Doch das Gedächtnis ist gnädig, sie war damals im Überlebensmodus und nicht alle der Erinnerungen kommen wieder an die Oberfläche. Außerdem nutzt sie ihren düsteren Humor, um mit den Geschehnissen umzugehen. Die Eisenbahnschienen hat sie verlegt, wenn also mal jemand Hilfe braucht, sie kennt sich da aus.
Zu Beginn erhalten wir einzelne Blitzlichter aus ihrem Leben. Als Kind, Jugendliche, Mutter, alte Frau. Ihre Lebensgeschichte setzt ein an dem Punkt, an dem es beginnt gefährlich für ihre Familie in Paris zu werden. Die Bilder verharren manchmal, wie Ginettes Erinnerungen, an einigen Stellen in Birkenau. Die Begehung nutzt die Gelegenheit, das aktuelle Bild, gegen die alten zu stellen. Als Lesenden sehen wir die Gedenkstätte, aber auch wie es vor der Befreiung aussah. So erfahren wir mehr, oder sehen mehr, als die Schulklasse, die Ginette begleitet.
So schwer das Thema auch ist, der Comic ist leicht zu lesen und einer der Gründe dafür ist die Art von Ginette Kolinka von ihren Erfahrungen berichtet. Sie verharmlost nichts, sie schont auch nicht, doch ihr Geist hat ihr einige bleibende Erinnerungen erspart. Zusätzlich berichtet sie einer Schulklasse und erspart den Kindern vielleicht das eine oder andere Detail. Manchmal scheint sie von Erinnerungen überwältigt, dennoch wirkt sie die meiste Zeit glücklich und witzelt gerne.
Adieu Birkenau konserviert den Bericht der Shoah-Überlebenden Ginette für die Nachwelt. Damit ihre und die Geschichte von so vielen weiteren Opfern nicht vergessen wird.
… ist der Bericht einer Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz II-Birkenau.
… ist bewegend, bedrückend, aber durch Ginettes Art leichtgängig.
… ein Stück Geschichte als Comic konserviert.





Es gibt an einigen Stellen mehr Text, doch die Lesereihenfolge ist klar zu erkennen. Der Comic eignet sich auch für jüngere Lesende, etwa wie die Schulklasse, die Ginette hier begleitet. Ich benötigt kein Vorwissen, denn Wissen und Grauen werden auf Ginettes Art vermittelt. Realistisch, doch mit bissigem Humor.
Anzeige
Adieu Birkenau – Eine Überlebende erzählt
Szenario: Ginette Kolinka, Victor Matet
Zeichnungen: Cesc
Hardcover mit 112 Seiten
ISBN: 978-3-98721-394-6
Erschienen am: 21.11.2024
beim Splitter Verlag
Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.
Gegen das Vergessen:
Valentin
Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazijäger
Insel der Männer

© Splitter Verlag