| Montagsfrage | Political Correctness in klassischen (Kinder-)Büchern?

Montagsfrage

Montagsfrage #56

Jeden Montag stellt Sophia von Wordworld die Montagsfrage.

Sophia fragt diesen Montag:

Wie steht Ihr zur political correctness in klassischen (Kinder-)Büchern (Jay, Bücher wie Sterne)?

Ich muss sagen, dass ich mit dem Begriff Political Correctness meine Probleme habe. Warum ist eine wertschätzende und nicht verletzende Ausdrucksweise „politisch korrekt“? Mein Eindruck ist leider, dass dieser Begriff immer nur dann genutzt wird, wenn er als Vorwurf gemeint ist. Der Terminus löst bei mir ganz merkwürdige Vibes aus.

Steigen wir in die Frage ein, bestimmte Begrifflichkeiten in Kinderbüchern anzupassen. Bis zu einem bestimmten Alter haben Kinder noch keinen Filter, was ihnen vorgelebt wird, das eigenen sie sich an. Die Begriffe, die sie lernen, werden sie nutzen ohne zu hinterfragen, ob diese beleidigend oder verletzend sein könnten. Bestimmte Bücher sind natürlich die Kinder ihrer Zeit, die Ausdrucksweise war eine andere und Sprache entwickelt sich ständig weiter. Müssen also sehr junge Lesende einen „historisch korrekten“ Text vorgesetzt bekommen?

Grimms Märchen und Struwelpeter wurden angesprochen von Sophia. Die Märchen wurden von Disney an ihre junge Zielgruppe angepasst, warum also auch nicht die Texte für Kinder anpassen und die Originale dem etwas älteren Publikum zur Verfügung stellen. Die Idee mit dem Vermerk zu bestimmten Begriffen und Beschreibungen finde ich auch sehr spannend. Lesen soll ja auch bilden. Bevor jetzt jemand „Zensur“ schreit, mir geht es hier um die altersgerechte zur Verfügungsstellung von Texten. Das gibt es auch für das Leseniveau des Kindes.

Die lieben Eltern sind dafür zuständig, ob ein Kind mit 6 Jahren schon Call of Duty spielt, sind mit 12 auf dem Smartphone „intime Zusammenkünfte“ ansieht oder, wie ich bei „Den Simpsons“ gelernt habe, sie die ersten 15 Minuten von „Der König der Löwen“ ansehen. Ob sie nun ihren Kindern Werke in einer aktuellen oder etwas altertümlichen Sprache zu lesen geben, liegt in deren Verantwortung und Ermessen.

Zwei Dinge möchte ich hier noch als keinen Gedankenanstoß geben. Die Lesenden sind nicht nur kleine weiße Jungs und Mädchen, sondern auch die Kinder aus der Personengruppe, die mit dem N-Wort herabgewürdigt wurden. Geschlechterklischees nehmen Kinder ebenfalls ungefiltert auf und könnten sie stark in ihrer Entwicklung beeinflussen.

Bei der Erwachsenenliteratur würde ich keine Anpassungen oder Versionierung erwarten, denn hier haben wir in der Regel mündige Lesende, die den Kontext zur Zeit, in der das Werk entstanden ist, verstehen können. Wobei es auch immer wieder neue Übersetzungen von Büchern gibt, die mal mehr und mal weniger gut ausfallen. Vielleicht habe ich ein Kings Landing / Königsmund Trauma. Ich lese gerne Agatha Christie und H. P. Lovecraft bei denen mir bestimmte Worte, aber auch persönliche Ansichten begegnen, die bei einer heutigen Neuerscheinung zu Recht heiß diskutiert werden würden.

DU WILLST MEHR?

TRAG DICH EIN UND BLEIBE ÜBER DIE NEUSTEN BEITRÄGE INFORMIERT:

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

6 Antworten

  1. Huhu,

    ich hatte beim Schreiben meiner Antwort auch den Gedanken, dass Political Correctness diesen negativen Beigeschmack hat, obwohl es doch eigentlich nur darum geht, eine sensiblere Sprache nutzen, um bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht zu verletzen. Ich kann einfach nicht nachvollziehen, was daran falsch sein soll. Deshalb bin ich grundsätzlich sehr für Political Correctness, aber Originaltexte zu verändern, geht mir zu weit und ist meiner Ansicht nach auch nicht hilfreich. Neue Übersetzungen anzupassen, halte ich hingegen für legitim, solange sie das Original nicht verfälschen. Einzelne Begriffe auszutauschen ist meiner Meinung nach keine Verfälschung, wenn die Intention des Autors oder der Autorin beibehalten wird.

    Deinen Vorschlag mit den zwei Versionen desselben Buches erscheint mir hingegen nicht praktikabel. Kinder sollten Medien ohnehin am besten gemeinsam mit ihren Eltern oder Erziehenden entdecken und reflektieren. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, das auch bei Büchern, die eine historische Einordnung erfordern, umzusetzen. Das kann natürlich bedeuten, dass bestimmte Werke erst gelesen werden können, wenn die Kinder älter sind. Aber der Kinderbuchmarkt bietet für Jüngere ja genug moderne Alternativen, daher empfinde ich auch das nicht als problematisch. Wie du schon sagst, Eltern und Erziehende tragen nun mal Verantwortung für den Medienkonsum ihres Nachwuchses.

    Montagsfrage auf dem wortmagieblog
    Liebe Grüße und eine schöne Woche,
    Elli

    • NadelNerd sagt:

      Hallo Elli,

      vielleicht liegt es daran, dass ich in einer anderen Generation groß geworden bin oder einfach meine Eltern vom Alter auch meine Großeltern hätten sein können, aber „Kinder sollten Medien ohnehin am besten gemeinsam mit ihren Eltern oder Erziehenden entdecken und reflektieren.“
      Deine Aussage finde ich gut und richtig, nur hat sowas zumindest bei mir und meiner Schwester nicht stattgefunden. Oft wurden insbesondere beim Fernsehen Andersartigkeit mit „komische Figuren“ abgetan und ich musste dann Sachen heimlich ansehen. Über Bücher wurde quasi nie gesprochen. Es gibt durchaus Texte, die für junge Lesende vereinfacht abgedruckt werden. Hier könnte eben auch eine sensible Sprache aufgegriffen werden. Ich will Texte nicht zensieren oder verfremden, aber wenn es Veröffentlichungen für besonders junge Lesende gibt, warum nicht auch darauf achten. Star Wars die Filme FSK 12, die Bücher, die Comics, die Jugendbücher zum Film. Inhaltlich sind diese gleich, aber richten sich an unterschiedliche Zielgruppen. Ich habe sogar das Kinderbuch zur ersten Staffel Mandalorian, ohne Gewalt. Wenn es also sowieso Adressatengerechte Versionen gibt, dann kann auch eine sensible Sprache berücksichtigt werden, falls notwendig.

      Liebe Grüße
      Ariane

  2. Wordworld sagt:

    Hey Ariane,

    der Begriff „politische Korrektheit“ ist durch die ganzen Debatten in den letzten Jahren emotional sehr stark besetzt und löst auch in mir ein wenig gemischte Gefühle aus, da man sobald man auf dieses Thema zu sprechen kommt, von der ein oder anderen Seite oft mit lautstarkem Widerstand und Beleidigungen rechnen muss. Dabei würde ich Elli und dir 100% zustimmen, dass es ja eigentlich gar nicht darum geht, jemandem Beschränkungen oder Verbote auf die Nase zu binden, sondern einfach durch respektvolles, wertschätzendes Miteinanderumgehen dafür zu sorgen, dass keiner unnötig verletzt wird.

    Bei Auflagen extra für Kinder wie es das von manchen Klassikern gibt (vereinfachte Versionen, Bilderbücher, Sammelbände etc.) kann die Sprache von mir aus sehr gerne aktualisiert werden. In diesem Kontext ist ja klar, dass es sich um eine Interpretation und Abwandlung des Erzählstoffes handelt und nicht um das Original. Beim Originaltext würde ich allerhöchstens mit Vor- oder Nachworten oder erklärende Fußnoten á la „dieser Begriff war in der Entstehungszeit der Geschichte gebräuchlich, wird aber heutzutage aufgrund der verletzenden Wirkung auf Randgruppen nicht mehr verwendet“ arbeiten.

    Inwiefern Eltern den Medienkonsum ihrer Kinder kontrollieren oder ihn gemeinsam gestalten, ist natürlich sehr unterschiedlich. Ich bin mir sicher, dass das schon mit unterschiedlichen Generationen zu tun hat, es aber auch heutzutage viele Eltern gibt, die die Medienerziehung ihrer Kinder nicht leisten können oder wollen. Was in diesen Fällen durch Jugendschutzmaßnahmen (FSK-Angaben) oder andere Erziehungsberechtigte oder LehrerInnen geleistet werden kann/soll, ist auch ein Feld für viele weitere Diskussionen…

    Liebe Grüße
    Sophia

    • NadelNerd sagt:

      Hallo Sophia,

      heute sind die Eltern vermutlich einfach mit der Masse an Neuen Medien überfordert. Da lassen sich Bücher noch einfach handhaben gegen. Es ist auch wichtig, Geschichte aufzuarbeiten und nicht einfach „verschwinden“ zu lassen. Daher fand ich die Idee mit Vorwort, Fußnote, Glossar, o. ä. auch ganz charmant.

      Liebe Grüße
      Ariane

  3. Andrea sagt:

    Huhu Ariane 🙂

    Ich bin da ganz deiner Meinung – bevor man Bücher zensiert, sollte man lieber überlegen, wie man die Thematik an sich greifbarer machen kann und auf die Missstände und Unterschiede hinweisen. Möglichkeiten gibts ja – Vor- und Nachworte, Fußnoten. Es ist ja generell auch immer die Frage, wie mit solchen Thematiken innerhalb der Familie umgegangen wird.

    Mit der Begrifflichkeit habe ich mich auch ein bisschen schwer getan – vor allem: wer definiert denn, was „korrekt“ ist?

    Lieben Gruß
    Andrea
    Meine Antwort auf die Montagsfrage

    • NadelNerd sagt:

      Hallo Andrea,

      das ist vermutlich ein großer Störfaktor an dem Begriff „Wer definiert denn, was „korrekt“ ist?“. Politik neigt dazu, über Leute und nicht mit Leuten zu reden. Das sehe ich bspw. ständig auf der Arbeit, wenn es um Behinderungen/Barrierefreiheit geht.

      Liebe Grüße
      Ariane

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert