Der Große Reset +Rezension+
Der Große Reset
Die Studentin aus der Großstadt kehrt in ihr Heimatdorf auf einen Kurzbesuch zurück. Die Schwester ist mürrisch und wirkt perspektivlos, die Mutter fühlt sich mit vielem alleingelassen und der Vater verbringt seinen Tag vor YouTube und beschäftigt sich mit Verschwörungsmythen. Immer wieder redet er davon, das Haus zu verkaufen und auszuwandern.
Die große Ohnmacht
Ika wird zwar von ihrer Schwester vom Bahnhof abgeholt, doch diese blockt sofort, wenn nach den Eltern gefragt wird. Zu Hause angekommen, braucht es nur eine kurze Unterhaltung mit ihrem Vater und er beginnt von Verschwörungsmythen zu erzählen, weshalb ihre Schwester sofort Reißaus nimmt. Ihre Mutter hat als einzige einen Job und in der Ehe kriselt es. Der gemeinsame Ausflug zum Weinfest soll die Stimmung heben.
Den Vater zeichnet Ika als eine Art Blob, oder Wassersack, wobei Menschen eigentlich wirklich Wassersäcke sind. Bei ihrer Ankunft ist er noch etwa zur Hälfte mit Wasser gefüllt, doch jedes Mal, wenn er vom Hausverkauf, Auswandern und „Die da oben“ spricht, läuft er ein bisschen weiter aus. Das ist schmerzlich anzusehen und vermutlich kennen alle jemanden, der oder die während oder nach der Pandemie nicht nur kritisch hinterfragt, sondern auch völlig in diese Mythen abgedriftet sind. Mir kommt einiges bekannt vor und das „Auslaufen“ des Vaters ist schmerzlich anzusehen.
Die Familie fühlt sich sichtbar machtlos und kann nicht zu dem Vater durchdringen, doch es kommt der Punkt, an dem ein Gespräch unausweichlich wird. Ika erzählt dies alles sehr eindrücklich und gefühlvoll. Es gibt ein klares „du bist nicht allein“ und natürlich hat sie hier keine Musterlösung für uns. Weiche Zeichnungen und eine eindringliche Bildsprache vermitteln die Geschichte mit so viel Feingefühl wie möglich. Dennoch fühlt es sich für mich beklemmend an, diese Geschichte zu lesen.
Der Große Reset spricht ein Problem an, das sicherlich viele Leute erleben und zeigt, wie ohnmächtig Angehörige und Freunde sind.
… hat eine starke Bildsprache.
… greift ein schwieriges Thema auf.
… nutzt Humor und ist doch keine leichte Lektüre.
Es ist beklemmend, Der Große Reset zu lesen, doch vielleicht hilft euch dieses Gefühl nicht allein zu sein. Sollte sich jemand in eurem Umkreis in Verschwörungsmythen verstrickt haben und ihr wolltet schon immer mal einen Comic lesen, dann ist dieser für Comic-Einsteigende geeignet. Die Leserichtung ist leicht zu erkennen, der Geschichte abgeschlossen und Vorwissen wird nicht benötigt.
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Der Große Reset
Szenario und Zeichnungen: Ika Sperling
Hardcover mit 176 Seiten
ISBN: 978-3-95640-407-8
Erschienen am: 29.04.2024
bei Reprodukt
Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.