Captain Future +Rezension+

Captain Future – Der ewige Herrscher

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich kann dieses Cover hören. Als Kind habe ich Captain Future unheimlich gerne geschaut und ich mag Sylvain Runberg als Szenaristen. Zwei gute Gründe, diesen Comic zu lesen. Wer sich wie ich nicht mehr an die Geschichte erinnern kann: Adaptiert wird die Storyline aus „Der Herrscher von Megara“. Die Menschen auf Megara werden von einer Seuche befallen, die sie zurückverwandelt in affenähnliche, gewalttätige Wesen. Selbst einen Spezialagenten der Regierung trifft dieses Schicksal bei seinen Ermittlungen. Daher wird Captain Future mit dem Fall betraut.

Curtis Newton

Die Geschichte startet jedoch bei der Präsentation des Ehepaars Newton. Beide begnadete Wissenschaftler und Eltern des Baby Curtis, stellen an der Seite von Professor Simon Wright, einem fliegenden Gehirn, ihre neusten Erfindungen vor. Der Roboter Grag und der Androide Otto. Durch einen Angriff kommen alle ums Leben. Nur Curtis konnte durch Grag, Otto und Simon gerettet werden, sie sind künftig seine Familie. Nur einen Wimpernschlag später ist Curtis Newton durch die Medien als Held Captain Future bekannt. Er steht für Mut, Wissenschaft, Forscherdrang und Gerechtigkeit.

Durch diese Vorgeschichte wird Captain Future für mich endlich nahbar und menschlich. Er ist Curtis, seine beiden „Väter“ Otto und Grag streiten sich gerne wie ein altes Ehepaar und „Onkel“ Simon sorgt für Ruhe und die Bildung. Die Geschichte ist in meinen Augen für ein etwas älteres Publikum als die Cartoonserie und die Geschichte wird anders erzählt. Captain Future bekommt keine freie Hand in dem Fall, Agent Joan Landor soll auf ihn aufpassen und unterstützen. Landor ist ihm gegenüber voreingenommen, wirft ihm vor, sich im Licht der Medien als Held feiern zu lassen. Zusammen fliegen sie in der Comet zum Gefängnis- und Fabrikplaneten Megara.

Es gibt viele Auseinandersetzungen, Tote und Blut. Das ist alles viel erwachsener als meine Kindheitsserie, dadurch holt mich der Comic jedoch besser ab. Die Geschichte hat hier einiges zu bieten. Persönlich würde ich die Altersempfehlung ab 10 Jahren überdenken, denn neben realistischer Gewalt erwarten uns auch so einige komplexe Wörter.

Was mich gestört hat

Die Darstellung von Agent Landor war für mich anstrengend. Anfangs wurde sie mir als zu zickig dargestellt, was ich zumindest besser als starstrucked finde, aber irgendwie einen schalen Beigeschmack hatte. Danach veränderte sich plötzlich ihre Körbchengröße von Bild zu Bild. Groß, klein, riesig, klein. Ich war irritiert, weswegen ich anfing, genauer hinzuschauen. In einzelnen Bilder ist der Male Gaze dann deutlich zu erkennen. Warum muss eine Perspektive auf ihren Hintern schauen und dann auch noch plötzlich ihre Hose in die Kimme rutschen? Habe ich eine falsche Erinnerung an die Serie meiner Kindertage? War Landor auch damals schon so objektifiziert worden? Sie wird als fähige, mutige und gute Agentin gezeigt, warum müssen ihre Körpermerkmale so darstellt werden?

Fazit

Die Bilder von der Comet, dem Weltall und auch den alten Tempelanlagen auf Megara haben mir unheimlich gut gefallen. Die Story noch viel besser. Hier stecken so viel Politik und Gesellschaftskritik in der Geschichte. Das Thema Kolonialismus wird sehr deutlich. Die Menschen bezeichnen die Ureinwohner von Megara als primitiv. Sie werden für niedere Arbeiten eingesetzt und in Gettos einquartiert. Einige Archäologen haben ihre Geschichte zwar erforscht, doch wurde diese weitestgehend ignoriert. Dazu bekommen wir noch eine Graf von Monte Christo Anspielung. Damit steckte viel mehr in der Geschichte, als ich erwartet hatte. Eine positive Überraschung.

Deep Dive

Ich hatte im Comiklatsch bereits über den Titel gesprochen und habe festgestellt, dass ich die Cartoonserie nochmal ansehen muss. Ist mein kindlicher Blick verklärt oder getrübt? Also habe ich mir mit Freude die ersten drei Folgen angesehen, die den Storyark abbilden. Kindgerecht ist hier die Rückverwandlung der Menschen weniger krass und im Ergebnis weniger brutal dargestellt. Der Trope „brutale Höhlenmenschen“ bleibt jedoch. In der Serie findet sich eine völlig andere Erzählstruktur und Future hat keine Backstory. Es ist weniger politisch und das Thema Kolonialismus entfällt komplett. Die Ureinwohner sehen wirklich alle gleich aus. Im Comic werden sie als einzelne Charaktere dargestellt.

Landor wir hier auch nicht sexy dargestellt. Teilweise erschien es mir so, dass bewusst Perspektiven auf ihren Po vermieden wurden, wo es nicht notwendig war. Future hat hier Interesse an ihr, bevor er ihr Love Interest wird. Er bewundert ihren Mut, doch behandelt sie wie ein Damsel in Distress. Bei einer Flucht zerrt er sie hinter sich her und trägt sie Treppen runter, als hätte sie plötzlich das Laufen verlernt. Gleichzeitig legt sie Wert darauf, ihre Arbeit als Agentin alleine zu machen und sich dies nicht verbieten zu lassen.

Bereits 1940 erschien der Roman Captain Future & the Space Emperor. Wir sprechen hier über einen waschechten Pulp-Helden, dem Wizard of Science. Die Cover der Bücher sprechen Bände. Im ersten Band ist die Crew noch nicht die, wie wir sie später kennen. Was ich leider nicht finden konnte, und damit nur vermuten kann, ist, dass eine Joan Landor hier nur ein schmückendes Beiwerk war, dass es bei Bedarf zu retten galt. Falls ihr die Romane gelesen habt, dann berichtet doch bitte, ob meine Annahme stimmt.

Captain Future hat einzelne Schwächen in den Bildern, doch eine tolle und kritische Geschichte.

Captain Future ...

… ist für mich nun greifbarer und heldenhafte als in meinen Kindertagen.
… hat ein tolles Artwork, mit ein paar Schwächen.
… hebt die Storyline als der Cartoonserie auf ein neues Niveau.

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Captain Future

Szenario: Sylvain Runberg
Zeichnungen: Alexis Tallone
Hardcover mit 168 Seiten
ISBN: 978-3-551-80338-2
Erschienen am: 25.02.2025
bei Carlsen

Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.

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© Carlsen

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