Amberlough – Stadt der Sünde +Rezension+

19. Januar 2024

Amberlough – Stadt der Sünde

Cabaret, Politik und Spionage. Die autonomen Staaten Amberlough, Nuesklend, Tatié, Farbourgh und Tzieta sehen sich nicht nur ihrer eigenen politischen Probleme gegenübergestellt, sondern auch dem wachsenden Einfluss der One State Party, die alle Staaten von Gedda zu einem zusammenführen wollen. In Amberloug-Stadt gehen Spione, Schmuggler und natürlich die Künstler im Bumble Bee Cabaret aus und ein. Drei von ihnen werden wir näher kennenlernen.

Sündhaft und gefährlich

Cyril ist Spion und soll den Schmuggler Aristide, der regulär als Ansager im Cabaret arbeitet, im Auge behalten. Der einzige Auftrag auf der Straße, den er momentan hat, denn bei seinem letzten Einsatz wurde er fast getötet und sitzt nun eigentlich hinter einem Schreibtisch. Die beiden Männer sind nicht auf den Kopf gefallen und haben sich längst gegenseitig durchschaut, nach außen versuchen sie den Schein vor sich selbst und anderen zu wahren, dass ihr Verhältnis rein professionell ist und sie sich ganz sicher nicht ineinander verliebt haben.

Cordelia arbeitet im selben Cabaret wie Ari als Burlesque-Tänzerin und nachts verdient sie sich ebenfalls mit Schmuggeln etwas dazu. Dies sollte ihr Liebhaber und Chef des Cabarets allerdings nicht erfahren, ebenso wenig, dass sie neben ihm noch eine Affäre hat. Der Schmuggel ist lukrativ durch die verschiedenen Staaten dieser fiktiven Welt, doch die One State Party Mitglieder, kurz Ospies haben ganz andere Pläne. Cyril muss zurück in den Außeneinsatz, denn die Ospies scheinen einen Wahlbetrug in einem anderen Staat zu planen. Ein gefährlicher Einsatz, der Cyril nicht kaltlässt.

Lara Elena Donnelly schafft hier eine spannende Welt mit queeren Charakteren und einer spannenden politischen Situation. Dank der Karte vorne im Buch lässt sich das Land Gedda mit seinen Staaten und umliegenden Ländern gut nachvollziehen. Dazu liebe ich es, wie Aristide und Cyril so krampfhaft ihre Gefühle verleugnen und ihre Liebesnächte mit dem Bespitzeln des jeweils anderen rechtfertigen. Doch eines Nachts wird Ari klar, dass sein „privater“ Cyril von den Erlebnissen seiner Arbeit beeinflusst wird und dies ruft einige Gefühle in ihm hervor.

Kehrtwende

Erst im Laufe des Buches wird klar, dass die offene und liberale Lebensweise in Amberlough keinesfalls normal ist. Sexualität kann nicht überall gefahrlos ausgelebt werden. Der Begriff „rosa Junge“ taucht immer wieder auf und ist scheinbar nur in Amberlough nicht negativ behaftet. Insbesondere die OSP hat keinerlei Akzeptanz für Homosexualität oder auch nur andere Religionen und Wertevorstellungen. Sie will viel mehr als nur die Staaten vereinen, sie wollen vereinheitlichen ohne Abweichler. Damit passt die Geschichte erschreckend gut in unser Zeitgeschehen.

Fühlte sich in gewisser Weise Spionage am Anfang noch unbeschwert an, wird die Stimmung immer drückender, bedrohlicher und da Cyrils Situation sich verkompliziert. Mir gefällt die Art, wie geflucht wird. Pest und Cholera geben einen Hinweis auf die Herkunft, denn in Amberlough wird bei der Mutter (gerne ihren Titten) oder der Herrin (hier sind es die heiligen Steine ihres Grabmals) geflucht. Es fällt auf, dass Flüche eher „weiblich“ sind. Im Titel wird Amberlough als Stadt der Sünde bezeichnet, dabei kommt es mir in vielen Punkten als weltoffen und modern vor. Schmuggel und Drogen sehe ich schon als problematisch an, doch die erzkonservativen Ospies haben nicht nur mit der Kriminalität ein Problem. Abweichende Meinungen werden den Menschen „herausgeprügelt“.

Zwiespalt und Spannung. Weltoffenheit gegen Erzkonservative. Kampf oder die eigene Haut retten? So lässt sich Amberlough wohl auf der Metaebene zusammenfassen. Dazu wird das Finale des ersten Bandes düster, blutig, traurig und unheimlich spannend. Mir bleibt die Spucke weg und ich bin froh, dass Band 2 bald erscheint.

Wer Spionage mag und sich gerne auf gesellschaftliche und politische Themen einlässt, findet hier ein spannendes Buch, dass durchaus Themen und ihre Wichtigkeit anmahnt.

Amberlough - Stadt der Sünde ...

… hat einen spannenden Weltenbau.
… starke queere und weibliche Figuren.
… streut Salz in die Wunde des aktuellen Zeitgeschehens.