Schneekreuzer (Snowpiercer)

Es geht um die Gesamtausgabe der Graphic Novel Schneekreuzer. Bereits älter und bereits verfilmt. Mal wieder Chris Evans in einer Comicverfilmung -> Snowpiercer.

Vorab: Ich habe den Film gesehen und erst danach erfahren, dass er auf einem Comic basiert. Nein, ich fand den Film nicht furchtbar schlecht. Daher kann ich die mir gestellte Frage „ob der Comic denn wenigstens besser war als der Film“ nicht klären. Ich fand den Film sehr düster und dies hat mir gut gefallen.

Die Comics

Die Gesamtausgabe beinhaltet alle drei Geschichten zum Schneekreuzer. 1983 wurde Le Transperceneige (Schneekreuzer/Snowpiercer) veröffentlicht, geschaffen von Jacques Lob zusammen mit Jean-Marc Rochette. Nach dem Tod von Lob (1990) sind 1999 und 2000 die weiteren Geschichten zu dem Schneekreuzer erschienen. Diese neuen Geschichten wurden von Rochette und Benjamin Legrand geschaffen und greifen die Originalerzählung auf. Die ursprüngliche Geschichte füllt bereits das halbe Buch. Die beiden neueren Plots die andere Hälfte.

Die Menschheit hat es geschafft, beabsichtigt oder nicht, die Erde in eine Eiswüste zu verwandeln. Irgendwo stand ein Luxuszug zur Abfahrt bereit, er sollte als Kreuzfahrtzug durch das Eis dienen. Wer konnte stieg ein und erkämpfte sich einen Platz, schnell wurden noch andere Wagons und Güterwagons drangehängt. Überall wo es möglich war, quetschten sich die Menschen in die 1., 2. und 3. Klasse. Seit dem fährt der Zug umher und bleibt nicht mehr stehen. Die heilige Loko bietet ihnen Schutz, vorne lebt man im Luxus und hinten im Elend.

Der Entflohene

Irgendwie ist es ihm gelungen, bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt außen am Zug entlang der 3. Klasse (den Güterwagons) zu entkommen und in die 2. Klasse vorzudringen. Hier wird Proloff aber von Soldaten aufgegriffen und fest gesetzt. Eine Vertreterin einer Organisation, die für die Rechte der 3. Klasse kämpft, will den Geflohenen sehen, um mehr über die Zustände in der völlig vom Rest des Zuges abgeschirmten 3. Klasse zu erfahren. Ebenfalls will ein Schaffner als Vertreter der zivilen Regierung mehr über den Vorfall erfahren. Der Präsident ruft diese beiden überraschenderweise zu sich. Nun geht es vom „Arsch“ des Zuges bis an die Spitze zum Präsidenten. Beide sehen hier viele Bereiche, die sie vorher nie betreten durften. Agrarwagons und Fleischzucht (für die zweite und die erste Klasse). Proloff soll zu den Zuständen in der 3. Klasse befragt werden, aber dies ist das letzte über das er sprechen möchte, denn die Unterschiede in dieser Klassengesellschaft sind verheerend.

Wir werden hier kaum Bilder der 3. Klasse sehen, diese müssen wir uns selbst ausmalen mit allen Details, die wir im Laufe der Geschichte erfahren und können nur über diese Politik nachdenken. Die Gesellschaftsform im Schneekreuzer ist durch Klassendenken geprägt, wodurch alle Menschen einen entsprechenden „Wert“ haben.

Der Landvermesser

Die zweite Geschichte spielt in dem Schwesterzug des Schneekreuzers, dem Eisbrecher, von dem wir hier zum ersten Mal hören. Im Schneekreuzer hatte man Angst, die letzten Überlebenden zu sein. Im Eisbrecher hat man Angst vor dem großen Zusammenstoß mit dem Schneekreuzer. Es gibt „Opium fürs Volk“ in Form der Medien, die durch Wissen, Unwissen oder Lotterien die Menschen beruhigen und gefügig machen. Ob Wissen oder Unwissen ist im Eisbrecher ebenfalls von den Klassen „Norden“ oder „Süden“ abhängig. Auf Grund der Zusammenstoßgefahr gibt es „Bremsübungen“, seit dem man erfahren hat, dass auch der Schneekreuzer auf den Gleisen unterwegs ist. Während dieser Bremsübungen verlassen die Landvermesser den Zug. Möchte man etwas besonders sein, obwohl man aus der unteren Klasse kommt, wird man z. B. Landvermesser, denn diese verlassen als einzige den Zug. Oft kommen sie allerdings auch nicht zurück. Der Landvermesser Puig führt uns durch die Handlung. Er gerät bei einer der Bremsübungen in Schwierigkeiten.

Gleichzeitig bildet sich eine Sekte, die nicht daran glaubt in einem Zug zu sein. Sie glauben, sie seien in einem Raumschiff und hoffen, dies auch bereisen zu können. Die meisten Leute im Zug vermissen Kinder, es gibt eine strenge Fortpflanzungspolitik. Kinder zu bekommen ist unwahrscheinlicher, als in der Lotterie eine der virtuellen Reisen zu gewinnen. Die Klassengesellschaft scheint hier nicht so stark ausgeprägt zu sein, wie im Schneekeuzer.

Die Überquerung

Puig konnte sich aus den Schwierigkeiten befreien, was für ihn auch einen Aufstieg bedeutete. Er ist nun Teil des Rates, der den Zug regiert. Die Sekte versucht nun zu beweisen, dass der Zug in Wahrheit ein Raumschiff ist und löst eine Katastrophe aus. Der Rat tanzt auf dem politischen Parkett und jeder versucht, die Macht an sich zu reißen und die Konkurrenten auszuschalten. Es wird ein neues Signal empfangen und die Fragen, ob man diesem nachgehen soll und welche Folgen es haben könnte, werden diskutiert.

Im letzten Teil überschlägt sich die Handlung förmlich. Intrigen und politische Entwicklungen stehen im Vordergrund. Das Leid der Menschen und die Situation im Zug sind leider nur noch Beiwerk. Jeder ist bereit für seine Ziele alles zu riskieren, nur Puig setzt sich dabei noch mit seinem Gewissen auseinander. Das äußere Geschehen steht hier im Vordergrund, das Innenleben der Menschen und das Leben im Eisbrecher wird nicht mehr so stark beleuchtet, wie in den vorherigen Geschichten.

Was gibt es sonst noch zu sagen

Man merkt die Zeitspanne, die zwischen dem ersten und den letzten beiden Teilen liegt. Der Zeichenstil von Rochette ist in den 16 Jahren deutlich weicher geworden (letzte beiden Bilder). Der Stil, in dem die erste Geschichte gehalten wurde, hat er weiter aufgegriffen aber in gewisser Weise wähnt man sich trotzdem in einem anderen Zug als dem Schneekreuzer von 1983. Die Geschichte zur Weitererzählung aufzugreifen, aber in einen anderen Zug zu verlagern, ist geschickt. Dadurch bleibt die originale Geschichte bestehen, auch wenn viele Parallelen geschaffen werden. Die Geschichten des Schneekreuzers und des Eisbrechers sind lesenswert und spannen. Doch während es im Schneekreuzer vor allem um die Gesellschaft geht, verstrickt sich der Eisbrecher in die Politik. Beides geht aber nicht ohne Gewalt vonstatten.

Da es in der Gesamtausgabe viel zu lesen gibt, ist der Schneekreuzer eher für den buchaffinen Comiceinsteiger geeignet. Es wird gut durch die Panel geleitet, aber es gibt nicht wenige zu lesen. Die Bilder sollen einen Eindruck von den Geschehnissen vermitteln. Oft einfach von der Dunkelheit und unendliche Weite der Eislandschaft, die einst unsere Erde war. Der Schneekreuzer ist keine leichte Unterhaltung. Er ist viel mehr eine düstere Zukunftsvision, die nicht vor Gesellschaftskritik haltmacht.

SchneekreuzerAuch für Comic-Einsteiger geeignet

Hardcover Gesamtausgabe
Autor Teil 1 – Jacques Lob
Autor Teil 2 und 3 – Benjamin Legrand
Zeichner – Jean-Marc Rochette
256 Seiten
Erschienen bei Jacoby Stuart

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4 Antworten

  1. Christin sagt:

    Ich hatte deine Bemerkungen/Bilder auf twitter schon gesehn. Den Comic bzw den Sammelband merk ich mir auf jeden Fall mal vor!

    MIr sagt der Film nur vom Titel was, hab ihn nicht gesehn – würde es ihn auf netflix geben, hätte ich mal reingeschaut 😀

  1. 13. Dezember 2017

    […] viel zu geschrieben. Zu recht hatte diese Graphic Novel zu ihrer Zeit einen Kultstatus und ist nach wie vor lesenswert. […]

  2. 3. Januar 2023

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  3. 2. Mai 2023

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