Werkstattgespräch: Beethoven – Unsterbliches Genie
Werkstattgespräch: Beethoven – Unsterbliches Genie
Eigentlich hatte ich mich schon auf das Kreativ-Team hinter dem Comic im Rahmen der LBM 2020 gefreut, nur leider fiel die Messe aus. Naja, Peer Meter kommt aus meiner Gegend, da wird sich sicher ein Termin ergeben und nun ein paar Wellen und Terminverschiebungen später, ist es endlich soweit. Ausgerichtet vom Logbuchladen inmitten der Ausstellungen zu „Graphic Novel“ und „Battle of Print“ im Wilhelm Wagenfeld Haus. Peer Meter und Rem Broo stellen ihrem Comic Beethoven vor, der in Zusammenarbeit mit Henning Ahlers entstanden ist.
Kreativarbeit
Um dem Publikum einen ersten Einblick in den Comic Beethoven – Unsterbliches Genie zu gewähren, erfolgt eine Lesung als Videobeitrag. Ruhig und stimmungsvoll wird durch die Panels geführt und der Sprecher greift dabei die Mundart wunderbar auf. Was bei mir schon beim Lesen für Lacher gesorgt hat, kommt auch beim Publikum an und es wird gespannt das Gespräch, durch das das Team des Logbuchladen führt, verfolgt. Es blieben dabei kaum Fragen offen.
Peer Meter berichtet von seiner Arbeit mit historischen Themen und wie wichtig es ihm dabei ist, auch einen Bezug zur Gegenwart herzustellen. Seine Comics entstehen dabei oftmals auf Umwegen. Auch für Beethoven lag das Skript aus einem geplatzten Projekt mit Arte noch vor und Henning Ahlers war es, der mit Rem Broo den passenden Künstler für die Umsetzung gefunden hat. Zwar wirkten die ersten Werke von Rem noch zu cartoony, doch sein Stil hat sich weiterentwickelt und fand letztendlich Anklang.
Obwohl Rem vier Jahre an der Umsetzung des Comics gearbeitet hat, fand das erste persönliche Treffen zwischen ihm und Peer Meter erst vor einem Jahr statt. Die vorherigen Treffen waren digital, dazu kommt, dass Henning als Dolmetscher zwischen Rem, der kein Deutsch spricht und Peer, der kein Englisch spricht, fungieren musste. Rem Broo, der eigentlich Architekt ist, hat es besonders gefallen, das 19. Jahrhundert zu kreieren. Dabei zog er Inspiration auf Bildern, Dokumentationen und einem Haus, das er in seiner Kindheit oft besucht hat. Die Personen im Comic nachzustellen war einfach, da es viele Bilder von diesen als Referenzmaterial gab.
Street Work und neue Stile
Insbesondere Beethoven war bereits zu Lebzeiten ein Star und damit waren er und sein Leben gut dokumentiert und es gab viele Bilder aus verschiedenen Lebensabschnitten. Dieser Starkult wird im Comic insbesondere dargestellt. Eine besondere Herausforderung für den Zeichner war die Umsetzung der Kutschfahrt, deren Strecke Peer im Skript vorgegeben hatte. In seinen Skripten gibt Peer Meter Erklärungen zu Szenen und Dialoge vor, dabei lässt er den Künstlern aber freie Hand in der Umsetzung. Können Dialoge wegfallen, da sie Zeichnerisch umgesetzt werden können, ist es für ihn ein großer Gewinn, denn wie sagte er es so schön; „Niemand mag Dialoge, die über drei Seiten gehen“.
Als Rem Broo die Route der Kutschfahrt auf Google Maps in der Street View verfolgen wollten, gab es für ihn eine böse Überraschung, denn diese Daten waren nicht vorhanden. So blieb ihm nichts anderes übrig, als selbst nach Wien zu reisen und die Stecke zu verfolgen. Doch auch vor Ort ergab sich ein Problem, das aktuelle Wien hat wenig mit dem aus der Zeit um Beethovens Ableben gemein. Doch zum Glück konnte er ein Modell vom alten Wien ausfindig machen. Mit mehr als 4000 Bildern Referenzmaterial kam er zurück. Akribisch ausgearbeitet, um auch den richtigen Stand der Sonne abzubilden, wurde so aus einer geplanten fünfseitigen Szene etwa ein Drittel des Comics.
Doch auch an der Umsetzung ist Rem gewachsen. Nach etwa einem Jahr Arbeit war er mit dem Look der digitalen Wasserfarben nicht zufrieden, so brachte er sich den Umgang mit diesen kurzerhand bei und begann seine Arbeit nochmal von vorne. Am Ende ist das besondere Aussehen des Comics einer Mischung aus traditionellen Bleistiftzeichnungen, Tinte und Wasserfarben mit einer anschließenden digitalen Nachbearbeitung geschuldet. Für die einzelnen Rückblicke auf Beethovens Leben hat Rem Broo jeweils einen anderen Stil, wie Pastellkreide oder Kohle genutzt, die er sich ebenfalls eigens für den Comic angeeignet hat.
Aus dem Nähkästchen
Da die Arbeit von Peer Meter bei der Umsetzung eines Comics im Vergleich recht gering ist, tritt er finanziell zurück, damit den Künstlern die umfassende Arbeit vergütet werden kann. Da bisher noch keine Messen stattfinden konnten, konnten leider auch noch keine Lizenzen ins Ausland verkauft werden. Dennoch schlummern bei Peer noch viele Szenarien in der Schublade und er hofft auf ein weiteres Projekt mit Rem Broo.
Rem Broo selbst ist momentan sehr beschäftigt mit einem Projekt auf dem US-Comicmarkt. Die Filmrechte des Comics Kaiju $core wurden verkauft. Trotzdem konnte Rem für Kaiju $core bisher nicht auf Promotiontour gehen, und so ergab es sich, dass ich nun die ersten von ihm signierten Hefte habe.
Am 29.08.2021 um 15 Uhr folgt eine weitere Veranstaltung mit Peer Meter im Wilhelm Wagenfeld Haus zum Thema „Die Geschichte des deutschen Comics von den Anfängen bis zur Graphic Novel“.
Ausstellung
In einem Monatsrückblick hatte ich bereits auf die aktuelle Ausstellung im Wilhelm Wagenfeld Haus aufmerksam gemacht. Durch die Situation der letzten Monate kann diese auch digital besucht werden. Hier könnt ihr durch die Ausstellung schlendern. Weitere Videos zu der Ausstellung könnt ihr auf dem YouTube Kanal des Ausstellungsortes finden.