40 Jahr, Master da (oder auch nicht)

Wem muss ich hier was beweisen?

Erinnert ihr euch noch an mein Ü30 Studentengejammer? Meine Mutter, die mir sagte, ich würde immer alles abbrechen, nie durchhalten oder was zu Ende bringen?

Nach dem Bachelor, als ich just mit dem Master angefangen hatte, sagte sie, dass sie total überrascht sei, dass ich das jetzt durchziehe und zu Ende bringe.
Nicht wie das Tanzen als Kind. Oh, da hatte sich der Kurs aufgelöst, weil es keine Trainerin mehr gab.
Na, halt wie bei dem Judo. Mein Judokurs fand an zwei Tagen in der Woche statt. An einem wurde fast nur herumgealbert und gekämpft, an dem anderen wurde für die Prüfungen trainiert und neue Sachen gelehrt. Ich konnte nur an einem Tag und wurde schnell abgehängt. Mir wurde empfohlen, auch zum anderen Tag zu kommen. Dafür hätte ich aber mein Schwimmen aufgeben müssen. Ich habe mich einfach für das Schwimmen entschieden.

Meine Mutter: Ach so, das hätte ich dann wohl auch so gemacht. Für einen kurzen Augenblick war meiner Mutter klar, dass ich keine Abbrecherin bin. Ich weiß nicht, wie lange es ihr im Gedächtnis bleibt.
Nicht ich habe alles abgebrochen. Die Kurse wurden eingestellt, ich musste mich zwischen zwei Dingen entscheiden, hatte keinen Partner mehr, wurde von ihr aus dem Kurs genommen oder hatte in der Ausbildung nicht mehr so viel Zeit, um weitere Kurse zu besuchen oder die kamen wegen zu wenig Teilnehmenden nicht zustande.

Was sonst noch meine Fehler sind …

Meine Fehler (?) im Master

Außerdem wurde mir meine Dickköpfigkeit vorgeworfen. Ich glaube, genau die hat mich durch das Studium gebracht. Ich habe mir Ziele gesetzt und die wollte ich auch erreichen. Dafür musste ich auch viel zurückstecken. Es gab immer wieder Widrigkeiten, mit denen ich klarkommen musste. Ich musste immer und immer wieder meine Prüfungsangst und die Angst zu versagen überwinden. Lernen, mich nicht an anderen zu messen, sondern die eigenen Leistungen anzuerkennen. Vollzeitstudenten haben nicht in jedem Modul eine 1.0. Wie sollte es für eine Vollzeitberufstätige möglich sein, das zu erreichen? Meine Kommilitonen sind besser? Nein, nur anders. Alle haben Stärken und Schwächen, gute und schlechte Tage und wir fangen hier noch nicht mal mit dem Background an.

Jeder von uns hat nämlich andere Voraussetzungen, unter denen studiert wird: Eine Kommilitonin war alleinerziehend und das Studium diente der Umschulung. Das durchzuziehen ist besser als gute Noten. Die sind nur Bonus. Einige meiner Kommilitonen haben ebenfalls Vollzeit gearbeitet und in Teilzeit studiert, sind aber im Studienverlauf Vater geworden. Da verändern sich die Prioritäten schon mal, insbesondere bei dem, wo es eine Risikoschwangerschaft war. Die Abschlussnote wird schon bald keinen mehr interessieren. Dann ist nur wichtig, dass der Abschluss da ist. Wir müssen nur unserem eigenen Anspruchsdenken gerecht werden.

Viel gelernt

Gelernt im Studium

Wir alle haben gelernt, mit der Work-Study-Life-Balance zu jonglieren. Prioritäten setzten, nein sagen, Kräfte einteilen, ehrlich mit der eigenen Leistungsfähigkeit zu sein. Oh, ja und dann waren da auch noch diese Studieninhalte. Da habe ich wohl auch was gelernt. Ich bin sicherer geworden darin, vor Leuten zu reden. Ohne Publikum im Podcast, mit Publikum im Studium. Auch mal was Dummes sagen ist ok, das kann auch weiterhelfen. Gleichzeitig habe ich gelernt, auch mal die dummen Sprüche sein zu lassen.

Tatsächlich fühle ich mich durch das Studium sebst gestärkt und nicht durch das Papier, was am Ende dabei rausspringt. Hauptsächlich habe ich mir selbst damit das bewiesen, was ich schon immer wusste. Ich habe nur eben oft negatives Feedback von außen bekommen. Du kannst dies nicht, du macht das nicht. Du bist nicht fleißig, ich kaufe dir kein Musikinstrument, du brichst das Lernen ja eh sofort ab. Verrückt, wie sehr einem in meinem Alter solche Sachen noch nachhängen können. Tatsächlich dachte ich, nach meinem guten Abschluss der Ausbildung hätte ich das Gegenteil bewiesen. Es hat mich doch wieder eingeholt, und zwar Jahre später.

Das Ende naht …

Im Forschungsprojekt habe ich gelernt, dass ich Netzwerken kann. Ich hätte es immer abgestritten. Auf meiner ersten Buchmesse habe ich Sandra zum Reden und Netzwerken vorgeschickt. Im Projekt stellte ich plötzlich fest, dass ich so einige Leute kennengelernt habe, die ich „anzapfen“ kann. Mit den Interviews im Podcast schwand auch die Nervosität bei Interviews für das Forschungsprojekt und auf der letzten Messe, habe ich fröhlich Visitenkarten, Lesezeichen, Bierdeckel und Insta Handle verteilt. Meine Hemmschwelle ist gesunken und ich habe beruflich und für den Blog die richtigen Leute kennengelernt oder weiß, wen ich fragen muss.

Auf der Arbeit gab es kürzlich einen Termin, in dem ich sehr viele bekannte Gesichter erwartet hatte. Ich hatte nicht erwartet, wie viele ich kenne und duze. Mit wie vielen ich reden und lachen werde. Sogar neue Kontakte habe ich geknüpft. Es überrascht mich immer wieder, dass ich sowas nun kann. Wen ich kenne und dass ich mir immer weniger Gedanken darüber mache, welchen Eindruck ich hinterlasse. Die Leute bieten dir nicht das du an oder kommen auf dich zu, wenn der Eindruck schlecht ist.

Auf der Zielgraden

… oder auch nicht

Es ist wieder Buchmesse und ich bin nur noch einen Monat lang 40. Inzwischen habe ich mein Exposé für meine Masterarbeit abgegeben und meine Idee, meinen Master mit 40 zu haben ist endgültig dahin. Es wird noch Monate dauern, bis ich meinen Master beendet habe. Der Plan ist, immerhin im Laufe des Jahres abzuschließen, zumindest steht es so in meinem Exposé. Dann habe ich noch einen „Call for Papers“ entdeckt, zu dem ich meine Forschungsarbeit einreichen kann. Vielleicht werde ich also sogar veröffentlicht, bevor ich die Masterarbeit fertig habe.

Vor meinem Geburtstag möchte ich noch mein überarbeitetes Exposé abgeben, da fehlt zum Glück nicht so viel, aber mir fehlt noch eine gute Idee. Über den Call for Papers rede ich noch und am meisten wurmt mich eigentlich der Anruf meiner Mutter (da sind wir also wieder). Sie fragte, ob ich dann jetzt fertig sei, denn ich wollte ja meinen Master vor dem Geburtstag abgeschlossen haben. Mitte Januar hatte ich erzählt, dass ich mein Exposé abgeben will und danach geplant wird, in welchem Zeitraum ich den Master fertigstellen muss. Offenbar ist das Exposé erstellen, Vertrag zur Durchführung der Masterarbeit schließen und Erstellen der Masterarbeit mit 60-70 Seiten bei meiner Mutter etwas, das in drei Monaten möglich ist.

Es gab Verzögerungen durch meine berufliche Weiterentwicklung, die könne ich als mein Verschulden ansehen, aber auch Verzögerungen durch diverse andere Umstände. Ständig habe ich das Gefühl, nicht das zu schaffen, was ich will. Meine Hobbys über Bord werfen, damit ich das Exposé schneller angepasst habe? Meinen Ausgleich abschaffen und darauf verzichten? Nein, das will ich nicht. Wenn der Master startet, muss ich sowieso anders priorisieren, doch ich möchte nicht schon für das Exposé verzichten. Die Anpassungswünsche kamen nach meinem Urlaub, den ich für Anpassungen genommen hatte. Danach stehen leider wieder viele Termine an, an meinen freien Tagen. Nun kann ich wieder nur in Ruhe arbeiten, wenn ich freinehme und mein Arbeitskalender spricht dagegen.

Zumindest macht mir mein Professor keinen Druck. Wir bereiten ein Paper vor und mein Exposé braucht eben noch kleine Anpassungen. Zumindest werde ich bis zum 41. mit meinem Master angefangen haben oder in den Startlöchern stehen. Es fehlt nicht mehr viel und zumindest ich sehe da recht positiv auf die nächsten Monate bis zum Ende meines Studiums. Die letzten acht Jahre meines Lebens waren zwar voll mit Frust und Anstrengungen, aber ich habe auch sehr viel erreicht und mich selbst weiterentwickelt.

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2 Antworten

  1. Monerl sagt:

    Ariane,
    du hast MEGA viel geschafft, gemeistert, gelernt! Es ist so wundervoll, was du alles erreichst, Schritt für Schritt!
    Leben ist JETZT, nicht NACH irgendwas. Den Master zu erreichen ist Teil deines jetzigen Lebens. Die Geschwindigkeit ist unerheblich. Wichtig ist, dass du ihn machen willst, weil du dir den Master vorgenommen hast. Wäre ich deine Mutter, würde ich vor Stolz platzen, gerade weil du das alles so stetig leistest, obwohl du jetzt 41 bist! Ich, als deine Comic- & Häkelfreundin bewundere deine Ausdauer und wünsche dir allzeit Freude, bei allem was du vor hast.

    • NadelNerd sagt:

      Vielen, vielen Dank. Es ist zwar auch oft Frust und keine Freude, aber vielleicht habe ich soeben die Anmeldung zur Masterarbeit verschickt. Es wird nun also ernst.
      Liebe Grüße deine Comic- & Häkelfreundin
      Ariane

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