One, Two, Three, Four, Ramones +Rezension+

One, Two, Three, Four, Ramones

Schon auf der Leipziger Buchmesse hatte ich den Comic bei Knesebeck entdeckt und angehimmelt. Nach dem ersten Blättern und einem Blick auf die Bilder und Zeichenstil ging bei mir im Kopf sofort die Musik an und die Ramones berichteten mir „Sheena is a punkrocker“. Nach der Messe habe ich Kontakt zu Knesebeck aufgenommen und ein Rezensionsexemplar erfragt. Als ich die Zusage bekommen habe, fühlte ich mich wieder ein bisschen wie das kleine grünhaarige Punkmädchen. Außerdem folgten Visionen von Stephen King in einem „Gabba, Gabba, Hey!“ T-Shirt, die wohl „Der Dunkle Turm“ verschuldet hatte. Ich bin bereits sehr gespannt gewesen, mehr über die eher erfolglose Band, die trotzdem zahlreiche Bands maßgeblich beeinflusst hat zu erfahren.

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Ausgangspunkt der Geschichte ist eines der letzten Konzerte der Ramones in Buenos Aires 1996. Etwa sieben Jahre zuvor hat Dee Dee Ramone die Band verlassen, aber er wurde gebeten, ebenfalls zu kommen. Begeistert ist er nicht, aber mit seiner Frau an der Seite macht er sich auf den Weg und blickt von hier aus zurück auf sein Leben. Als Kind eines US Soldaten und einer deutschen Mutter lebt er zeitweise auf Militärbasen in Deutschland. 1964 lebt er mit seinen Eltern zwischen Streit, Gewalt und Alkohol in Pirmasens. Er sucht verschiedenen Möglichkeiten, seinem Leben zu entfliehen. Die Beatles gehören dazu. Von Paul McCartneys Pseudonym Paul Ramone inspiriert, möchte er nur noch Dee Dee Ramone genannt werden. Bereits in diesen jungen Jahren findet er zusätzlich Heroin als Mittel zur Flucht.

1973 treffen Dee Dee, Joey und Johnny das erste Mal in New York aufeinander. Alle sind sie total kaputt und unangepasst, die Musik ist ihr einziger Weg, vielleicht Geld zu verdienen. Allerdings sind sie echt schlecht, doch Johnny trimmt sie mit eiserner Disziplin. 1976 haben sie es geschafft und das erste Album wird aufgenommen. Die Ramones werden aber nie wirklich erfolgreich werden. Auch wenn sie in England und Argentinien Stars waren, sie eine der einflussreichsten Bands dieser Zeit wurden, in den USA wird es nie den großen Erfolg geben. Stattdessen wird sich diese Familie als Zweckgemeinschaft zerstreiten und die Drummer einige Male wechseln, bevor auch Dee Dee die Band verlassen wird.

We’re A Happy Family

Bruno Cadène und Xavier Bétaucourt zeigen keine beschönigte Geschichte. Die Ramones, die sich als eine Familie darstellten, waren in Wirklichkeit zerstritten. Joey und Johnny haben die letzten Jahre nicht mehr miteinander gesprochen, Dee Dee stand ständig unter Drogen und die Drummer sind früher oder später ausgeflippt und mussten ausgetauscht werden. Hilfe gab es untereinander nicht, dafür Missgunst und der Zweck heiligte die Mittel. Genau diese Stimmung und die rohe Art ihrer Musik transportiert Éric Cartier in seinen Zeichnungen.

Besonders auf das Leben von Dee Dee, der kurz nach dem Einzug in die Rock ’n‘ Roll Hall of Fame verstorben ist, wird hier eingegangen. Auf seinen Drogenmissbrauch, der erschreckend früh begann, und seinem lebenslangen Kampf, von den Drogen loszukommen. Die Geschichte wird in einigen Passagen mit Songtexten unterlegt, die Ramones treffen immer wieder auf andere Musiker, die erfolgreicher werden als sie selbst. Zu mehreren Seiten des Comics sind ausführliche Erläuterungen im Anhang zu finden. Dort stehen nicht nur Daten zu den Geschehnissen und an welchen Stellen es einige Freiheiten in der künstlerischen Umsetzung gab, sondern auch Hintergründe zu den anderen Ramones. Thommy, dessen Eltern nur mit Glück den Holocaust überlebt hatten und der erst lernen musste ein amerikanischer Junge zu sein. Joey litt am Marfan-Syndrom und psychischen Krankheiten. Diese machten ihm zwar das Leben schwer, doch auf der Bühne war er ein anderer Mensch.

Für mich ist der Zeichenstil ein Spiegel für die Musik der Ramones. Die Band, die ich liebe, war hinter den Kulissen total kaputt. Irgendwie war der Punk zu der Zeit aber so. Drogen, Streit und es wurde trotzdem weiter gemacht, weil es außer der gemeinsamen Musik nichts gab. Mich hat das Porträt der Band und von Dee Dee Ramones Leben aufgesaugt, durchgekaut und ausgespuckt. Im besten Sinne.

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One, two, three, four, Ramones; Éric Cartier/Knesebeck VerlagOne, Two, Three, Four, Ramones

Autor: Bruno Cadène und Xavier Bétaucourt
Zeichner: Éric Cartier
Hardcover mit 96 Seiten
ISBN: 978-3-95728-190-6
Erschienen am: 15.03.2018
beim Knesebeck Verlag

Das Copyright für die Bilder liegt bei Éric Cartier/Knesebeck Verlag

Der Comic wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist dadurch nicht beeinflusst.

One, Two, Three, Four, Ramones wurde ebenfalls besprochen in unserem Podcast 3 Frauen. n Comics. Der Comicklatsch Folge 13.

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4 Antworten

  1. Michael Kleu sagt:

    Die Ramones habe ich als Teenager über „Learning English“ von den Hosen kennengelernt. Tolles Album!

    Das Comic sieht auch super aus!

  2. Anett sagt:

    Hallo Ariane,
    du machst mir total Lust auf den Comic!
    Allein die Ramones! Das ist doch schon ein MUSS!
    Vielen Dank für die tolle Rezension!
    Ich finde es super, dass nichts beschönigt wird, sondern die Realität bevorzugt wird!

    Liebe Grüße Anett

  1. 27. Juni 2020

    […] n Comics. ist heute erschienen und passend zur Folge auch mein Blogartikel zum vorgestellten Comic One, Two, Three, Four, Ramones. Hinter den Kulissen war die Punkband keine “Happy […]

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